„Ein Fels im grünen Meer“: 25 Jahre AIDS-Hilfe Kassel

Seit 1987 bietet die AIDS-Hilfe Kassel das komplette Spektrum der HIV-Prävention. Am Mittwoch feierte das Team zusammen mit 80 geladenen Gästen das 25-jährige Bestehen der Einrichtung.

Kein Beethoven, kein Streichquartett, kein Männerchor: Beim Empfang zum 25-jährigen Jubiläum der AIDS-Hilfe Kassel gab es Rockiges von den Broken Sticks, einer von Schülern der örtlichen Musikschule gegründeten Band. „Wir haben uns bewusst für etwas Modernes entschieden“, sagt Geschäftsstellenleiterin Andrea Görmer, „denn wir stehen mitten im Leben“.

Das bedeutet für die Kasseler AIDS-Hilfe seit Beginn, das komplette Spektrum an Angeboten zu bieten: von klassischer Beratung und Selbsthilfegruppen über Betreutes Wohnen, HIV-Tests und Prävention für Schwule und andere Männer, die Sex mit Männern haben, bis hin zur JES-Gruppe (Junkies, Ehemalige, Substituierte), die sich in den AIDS-Hilfe-Räumen trifft, und zur Beratung und Begleitung von Menschen mit HIV im Strafvollzug, obwohl die öffentliche Förderung dafür 2008 eingestellt wurde. Insgesamt werden mittlerweile 40 Prozent der Präventions- und Beratungsarbeit aus Eigenmitteln finanziert.

„Ich finde es bemerkenswert, wie groß das ehrenamtliches Engagement in der Stadt über die lange Zeit hinweg ist“, freut sich die langjährige Vorstandsfrau Uschi Howold. Nur so waren und sind die vielfältigen Aufgaben zu stemmen – trotz der vor allem geografisch bedingten strukturellen Probleme der nordhessischen Stadt: „Man muss einfach mal auf die Landkarte schauen. Kassel, das ist der Fels in einem grünen Meer. Im Umkreis von 100 Kilometern gibt es sonst nichts“, scherzt Andrea Görmer. Eschwege beispielsweise, die nächstgelegene größere Stadt, ist immerhin 70 Kilometer entfernt – zu weit, als dass das Kasseler Team mit seiner derzeitigen personellen und vor allem finanziellen Ausstattung dort vor Ort aktiv sein könnte.

Ein weiteres strukturelles Problem: In der 200.000-Einwohner-Stadt gibt es kaum schwul-lesbische Strukturen und Organisationen, abgesehen vom Autonomen Schwulenreferat der Uni. Der Kasseler AIDS-Hilfe ist es zu verdanken, dass es seit 2002 wieder regelmäßig einen Christopher-Street-Day in der Stadt gibt.

„Außerdem haben wir uns auf die Fahne geschrieben, im nächsten Jahr verstärkt in die Jugendarbeit einzusteigen, zunächst mit einer Jugendgruppe“, verkündet Andrea Görmer stolz – seit 2008 ist die AIDS-Hilfe anerkannter Träger der Jugendhilfe. Bereits vor einigen Jahren erfolgreich gestartet ist das Internetprojekt „Faktor6“, ein Aufklärungsportal speziell für Jugendliche. Hinzu kommen bis zu 50 Präventions- und   Aufklärungsveranstaltungen jährlich, die in Schulklassen und Jugendgruppen durchgeführt werden.

Auch mit dem im Aufbau befindlichen Netzwerk QueerNet Hessen, einem Zusammenschluss sämtlicher queerer Projekte und Institutionen des Bundeslandes, will man künftig eng zusammenarbeiten – auf dass die AIDS-Hilfe Kassel auch weiterhin mitten im Leben stehe.

(sho)