WHO kündigt neue Leitlinien zur HIV-Behandlung an

Auf der Internationalen Retroviruskonferenz in Atlanta haben Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erste Überlegungen zu neuen HIV-Therapieleitlinien vorgestellt. Sie sollen im Juli veröffentlicht werden.

Kevin De Cock, Gottfried Hirnschall und Stefano Vela sagten, weltweit gelte künftig die Empfehlung, bereits ab 500 Helferzellen pro Mikroliter Blut mit einer HIV-Therapie zu beginnen. Das ist gerade für ärmere Länder deutlich früher als bisher: Zurzeit gilt die Empfehlung, bei spätestens 350 Zellen zu beginnen – in der Realität jedoch haben HIV-Positive in diesen Ländern bei Therapiestart nicht einmal mehr 200 Helferzellen.

Etwa 22,5 Millionen Menschen mit HIV bräuchten nach der neuen Leitlinie eine Therapie (wobei viele gar nicht wissen, dass sie infiziert sind). Zum Vergleich: Zurzeit bekommen 8 Millionen Menschen Medikamente gegen HIV.

Für Deutschland gilt bislang die Empfehlung, spätestens ab 350 Helferzellen mit einer antiretroviralen Therapie zu beginnen. Unter bestimmten Bedingungen wie zum Beispiel Ko-Erkrankungen kann der Behandlungsstart aber auch jetzt schon ab 500 Helferzellen oder unabhängig von der Helferzellzahl sofort erfolgen.

Aufgehoben werden soll nach Aussage der WHO-Experten auch die Aufteilung der Welt nach Arm und Reich – Menschen in reichen Ländern können sich nebenwirkungsarme Therapien leisten, in armen Ländern werden oft noch ältere, nebenwirkungsreiche Medikamente eingesetzt. Weltweiter Standard soll außerdem die regelmäßige Messung der Virenmenge im Blut (Viruslast) und der Helferzahl werden. Beide Werte geben Hinweise auf den Zustand des Immunsystems und den Therapieerfolg.

Helferzellen (CD4-Zellen) steuern andere Zellen des Immunsystems bei der Abwehr eingedrungener Erreger. HIV befällt unter anderem solche Helferzellen und aktiviert außerdem das Selbstzerstörungsprogramm von CD4-Zellen. Mit voranschreitender Infektion nimmt die Zahl und die Funktionsfähigkeit der Helferzellen daher ab. Das Immunsystem ist dadurch immer weniger in der Lage, den Körper vor Krankheiten zu schützen. Als „normal“ gelten Werte zwischen etwa 500 und 1400 CD4-Zellen pro Mikroliter Blut.

(Armin Schafberger/hs)