#PoBe2014 - News-Ticker von den Positiven Begegnungen in Kassel
"Wir machen uns stark! Und du?" – Unter diesem Motto finden vom 21.-24. August die Postiven Begegnungen in Kassel statt.
Wir berichten täglich von den Veranstaltungen und allem, was rund um die Konferenz passiert.
Fotogalerie: Pressekonferenz und Aufbau
Fotogalerie: Einführung und Eröffnung
Fotogalerie: #PoBe2014 meets CSD in Kassel
24.08., 14:43 – Wir packen unseren Koffer
Die Positiven Begegnungen 2014 in Kassel gehen zu Ende. Was nehmen wir mit, was lassen wir hier? Stimmen aus der Abschlussrunde:
„Ich lasse wieder einmal ein Stück mehr Selbststigmatisierung zurück.“
„Ich war das erste Mal auf den Positiven Begegnungen und es hat mich sehr beeindruckt, wie viele Leute in den einzelnen Workshops waren und dass alle immer intensiv mitgemacht haben.“
„Ich nehme durch die schönen Begegnungen und vielen Umarmungen ganz viel Energie, Kraft und Gelassenheit mit. Die Aufregung und meine Ängste lasse ich her.“
„Dass hier so viele Leute waren, die ihr Gesicht zeigen, sich haben fotografieren oder filmen lassen, auch in Gemeinschaft, dass wird mir auch im Nachhinein noch sehr viel Stärke geben.“
„Das ist für mich eine ganz besondere Erfahrung. Es sind meine ersten Positiven Begegnungen überhaupt und ich frage mich nun: Warum war ich nicht schon viel früher mit dabei? Ich gehe mit soviel positivem Geist nach Hause und habe so viele Belege bekommen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
24.08., 14:05 – Neue Themenschwerpunkte festgelegt
In Kassel haben die Teilnehmenden nun neun Vorschläge für neue Themenschwerpunkte erarbeitet und zur Wahl gestellt. Diese fünf Themenwerkstätten sollen nun ihre Arbeit aufnehmen und bis zur nächsten PoBe Projekte entwickeln:
- Kriminalisierung – Wie kann Lobbyismus unter anderem in juristischen Fakultäten betrieben werden? Wie gegen Schuldgefühle angegangen werden?
- Abbau von Diskriminierung im Gesundheitswesen
- HIV und Psyche: Angebote bei psychischen Problemen und Selfempowerment
- Vielfalt als Baustelle: Wie kann Diversity organisiert und gelebt werden? Braucht es neue Begriffe?
- Kollektiver politischer Aktionismus: Wie bleibt Bewegung eine Bewegung?
Damit die einzelnen Themenwerkstätten tatsächlich auch gestartet werden können, braucht es Menschen, die daran mitarbeiten möchten. Innerhalb der kommenden sechs Wochen müssen sich jeweils mindestens 15 Personen melden, die die einzelnen Themenwerkstätten mitgestalten möchten.
Die ersten Anmeldungen sind bereits in Kassel erfolgt. In wenigen Tagen wird dies auch online auf aidshilfe.de möglich sein.
24.08., 14:00 – Geschichte bewahren
Geschichte wird gemacht: Der aus der Themenwerkstatt "Aids & Geschichte" hervorgegangene Arbeitskreis "Aids-Geschichte ins Museum" konnte im Rahmen der Konferenz die Kontakte zum Kassler Museum für Sepulkralkultur vertiefen. Dort will man bei der Neuausrichtung der Dauerausstellung zur Trauer-, Sterbe- und Gedenkkultur künftig auch Aspekte zu HIV/Aids berücksichtigen. Den dazugehörigen Workshop „Reif fürs Museum – 30 Jahre“ erlebten einige Teilnehmende als anspornenden Ruck, sich darum zu kümmern, dass die eigenen Spuren des Lebens mit HIV in Archiven und Museen bewahrt werden. Rechtzeitig zur PoBe ging auch die von der Themenwerk initiierte Internetseite www.aidsarchive.net online.
23.08., 21:05 – Momentaufnahmen aus der Abendzusammenfassung
Ein zentraler Themenschwerpunkt dieser PoBe ist die Kriminalisierung von HIV-Positiven und der HIV-Übertragung. Gutachter sind eine Schwachstelle in unserem Rechtssystem, so eine der Workshop-Erkenntnisse. Hans-Jürgen Stellbrink von der Deutschen AIDS-Gesellschaft hat sich angeboten, einen Leitfaden für Gutachter anzugehen, um ein anderes Bild vom Leben mit HIV zu vermitteln.
Früher war es der Therapieaktivismus, der die HIV/Aids-Bewegung prägte, heute wird sich womöglich ein Rechtsaktivismus entwickeln müssen, so die Anregung eines Teilnehmers. Er ist sich aber sicher, dass sich diesem Thema viele Menschen mit großer Energie widmen werden – und damit ebenfalls auch das Bild von Aids.
23.08., 21:00 – "Ich gestehe: Ich hatte Sex ohne Kondom"
Klasse Idee: Um gegen den Irrsinn der HIV-Kriminalisierung anzugehen, sollen sich bei einer symbolischen, medienwirksam inszenierten Aktion HIV-Positive selbst anzeigen. Zuvor allerdings muss das Thema Kriminalisierung noch weiter intensiv innerhalb der HIV-Community diskutiert werden, mahnt DAH-Geschäftsführerin Silke Klumb an und zeigt sich kreativ: „Wir könnten auf die Sache noch einen draufsetzen, und HIV-Negative auffordern, eine Selbstanzeige wegen Beihilfe zu einer Straftat zu stellen.“
23.08., 18:10 – HIV-Therapien helfen auch gegen Schuldgefühle
HIV-Therapien schützen vor der Übertragung des Virus auf Sexpartner. Welche Auswirkungen hat dieses Wissen auf das Selbstwertgefühl und Sexualleben HIV-positiver schwuler Männer?
Erste Antworten geben Zahlen aus einer großen Online-Befragung, die der Berliner Sozialwissenschaftler Jochen Drewes hier vorgestellt hat. Knapp zehn Prozent der 16.734 Teilnehmer waren HIV-positiv, bei den meisten von ihnen ist HIV aufgrund ihrer Therapie nicht mehr nachweisbar. Drei Viertel von ihnen wussten über die Schutzwirkung ihrer Pillen gut Bescheid. Auffällig hierbei: Je älter beziehungsweise je länger die Männer infiziert sind, desto skeptischer sind sie.
Die HIV-Positiven, die der Schutzwirkung vertrauen verfügen über ein stärkeres Selbstwertgefühl, haben erfüllteren Sex, weniger Schuldgefühle und ein besseres Verhältnis zum eigenen Körper. Das gilt besonders bei Jüngeren.
23.08., 16:25 – Offensiv in Kassel
Mittagszeit in der Kassler Einkaufszone. Mit einem Male ist es vorbei mit dem gemächlichen Shopping-Alltag. Über 200 PoBe-Teilnehmende, viele in orange-farbenen T-Shits der Aktion „POSITIV HANDELN“ gekleidet, ziehen an den Passanten vorbei die Treppenstraße hinunter. Auf Dutzenden von Plakaten präsentieren die Demonstrant_innen ihre Slogans, die sie in den Workshops der letzten Tage entwickelt haben.
Gefordert wurde nicht nur „Bildung für Ärzte“ und „Bessere Aufklärung an Schulen“, sondern die Kassler Bevölkerung auch mit klaren Statements und coolen Sprüchen konfrontiert, irritiert und aufgerüttelt. Die Bandbreite der Slogans reichte da von „Positiv altern in Würde“ über „Vielfalt statt Einfalt“ bis „Aids-Geschichte ist in Bewegung“. Auch der bereits vielzitierte Ausspruch, den Verfassungsrichterin Susanne Baer in ihrer Eröffnungsrede tat, hat es bereits zur Demo-Parole geschafft: „Out ist in“.
Am Friedrichsplatz mündet der Protestzug dann in die Parade zum Kassler Christopher Street Day und bildet dort einen markanten Block. Rund 1000 Menschen zogen schließlich gemeinsam weiter und machten deutlich: Wir machen uns stark!
23.08., 11:50 – Schwebende Steine
Wer auf dem Weg zum Konferenzort im Kulturbahnhof an dem stillgelegten Bahngleis 1 bewusst vorbeigeht, wird für einen Moment irritiert innehalten: Schweben hier tatsächlich Hunderte Steine? Vom Boden bis unters Dach des Bahnsteigs hat Jean Luc Tissot die schneeweißen Marmorkiesel an Fäden aufgehängt. Sie stehen symbolisch für die Seelen der an Aids Verstorbenen.
Mit seiner Installation "Warum Steine in den Himmel fliegen" schafft der Braunschweiger Künstler und Aidsaktivist nicht nur ein poetisches Bild für den Verlust, das langsame Vergessenwerden und engültige Verschwinden. Er will die Teilnehmer_innen zugleich auch animieren, die Steine mit Namen und Zeichnungen zu gestalten und so ein Ort des Gedenkens und Erinnerns schaffen.
23.08., 11:10 – Zeitreise vom alten zum neuen Aids
Literarischer Abschluss eines ereignisreichen Kongresstages: Jan Stressenreuter las aus seinem Roman „Wie Jakob die Zeit verlor“, einer Zeitreise in die von Sterben, Angst und Abschied geprägten Anfangsjahre der Aidskrise zum Leben mit HIV im Köln der Gegenwart.
Der Kölner Autor hatte lange mit sich gerungen, dieses Kapitel literarisch aufzuarbeiten, wie er im Gespräch erläuterte. „Es ist nun genug Zeit vergangen, um sich mit diesem Thema zu beschäftigen zu können, ohne Wunden aufzureißen.“ Durch die HIV-Therapie habe die Krankheit ihr einstiges Grauen verloren. Das mache es für ihn als Autor leichter zurückzublicken.
Stressenreuter hat für seinem Roman auf eigene Erfahrungen zurückgreifen können: Zwölf Jahre hat er in einem schwulen HIV-Pflegeprojekt und einem Hospiz für Aidskranke gearbeitet und auch in seinem privaten Umfeld die erschreckenden Folgen der Epidemie erfahren müssen.
„Die nachgewachsene Generation hat meist keine Ahnung, was ein Kaposi-Sarkom ist, geschweige denn wie es ausgesehen hat. Als Jemand, der diese Zeit hautnah miterlebt hat, sehe ich mich daher verpflichtet, davon zu erzählen.“
Sein Roman sei seine Form, den Verstorbenen seiner Generation ein Denkmal zu setzen und das „alte“ und das durch die HIV-Medikation ermöglichte „neue“ Aids gegenüberzustellen.
Links zur ausführlichen Besprechung des Romans und zu einem Interview mit Jan Stressenreuter auf magazin.hiv
22.08., 20:00 – Die HIVS: Helden innovativer Variationen
Im Rahmen der PoBe hat sich spontan eine Theatergruppe zusammengefunden und erste Szenen erarbeitet. „Männer, Frauen, Schwule, Heteros, Afrikaner, Deutsche, West- und Ostdeutsche. Wir haben unsere Geschichten zusammengetragen und eine schöne Form der Solidarität erlebt“, beschreibt Gottfried den Probenprozess.
22.08., 19:30 – Geschlechtergrenzen überwinden
Premiere: Erstmals fand auf der PoBe ein Workshop zum Thema Trans* & HIV statt. Die achtköpfige Gruppe erarbeitete eine To-Do-Liste mit konkreten Zielen. „Wir müssen uns mehr vernetzen, einen Informationsflyer für die Aids-Hilfe erarbeiten – damit mehr Trans* & Queer-Menschen zur nächsten PoBe erreicht werden. Wir werden auf Veranstaltungen wie CSDs mehr sichtbar zu sein und dort mehr Akzeptanz für alle Geschlechter einfordern.
22.08., 19:15 – Die Botschaft muss noch ankommen.
Die Überraschung bei Teilnehmer_innen bei der Podiumsdiskussion „Schutz durch Therapie“ war groß. Immer noch glauben zu viele HIV-Positive, obwohl sie erfolgreich behandelt werden, infektiös zu sein. Aber das stimmt nicht: „Wir sind nicht infektiös. Diese Botschaft muss nicht nur im Kopf sondern auch im Bauch ankommen.“
22.08., 16:30 – Aktivismus im Überblick
Der bundesweite Arbeitskreis HIV und Aids stellt den Entwurf zu einem Diskussionspapier möglicher Forderungen vor. Im Rahmen der heute eröffneten Posterausstellung im zentralen PoBe-Kongresszentrum, bei der zwei Dutzend Netzwerke, Themenwerkstätten und Projekte ihre Arbeit präsentieren, können die Besucher_innen eigene Ergänzungen beitragen. Der Forderungskatalog soll beim nächsten Treffen des Arbeitskreises HIV und Arbeit Ende August fertig gestellt und dann in den Verband getragen werden. Er soll eine Basis liefern, auf der über die anstehenden Herausforderungen in diesem Feld diskutiert werden kann.
22.08., 14:30 – „Wir sind doch gesunde Kranke“
Die Frage „Soll ich – oder lieber nicht?“ beschäftigte am heutigen Vormittag viele. Sehr viele sogar. Knapp 30 Teilnehmer_innen diskutierten über das Warum, Wann und Wem sagt man: „Ich bin HIV-positiv!“ Die eine hat sich gegenüber allen geoutet, der andere nimmt sich das Recht heraus, täglich auf’s Neue zu entscheiden, ob man und wem man es sagt, HIV-positiv zu sein. Und beide Wege sind gut.
Es wurde auch mal philosophisch: Wenn ein Outing-Grund lautet „Um nicht mehr lügen zu müssen!“ wurde gefragt, ob ein bewusstes Verschweigen schon als Lüge gilt …?! Überhaupt bot der Workshop viele Facetten – und es wurde nicht nur über das HIV-positive Coming Out gesprochen. Auch über die medizinischen und gesellschaftlichen Veränderungen von HIV wurde debattiert. Dabei brachte es eine HIV-positive Teilnehmerin gekonnt auf den Punkt: „Wir sind doch gesunde Kranke. Wir nehmen unsere Pille nicht, weil wir krank sind, sondern um gesund zu bleiben.“
21.08., 21:15 – Vorurteile und Ängste abbauen
Wie der Diskriminierung von HIV-Positiven begegnen? Diese Frage stand im Zentrum einer Auftaktdiskussion zur PoBe. „Wir müssen genau hinschauen, was in den Köpfen der Leute vorgeht“, sagt Stefan Mannes von der Werbeagentur Kakoii, die seit zehn Jahren die Kampagnen zum Welt-Aids-Tag entwickelt. Persönliche emotionale Geschichten, so seine Erfahrung, können helfen, Vorurteile und Ängste abzubauen.
Wir müssen Diskriminierungen benennen, dokumentieren und öffentlich machen. Und wir müssen uns selbst stark machen und in die Lage versetzen, dagegen vorgehen zu können“, fordert Carsten Schatz. Bundesrichterin Susanne Baer stimmt dem DAH-Vorstand zu: Gegen Diskriminierung brauche es Menschen, wie sie in der HIV-Selbsthilfe und DAH arbeiten, und die „so offen und out arbeiten wie Sie.“ Stephan Gellrich von der NRW-Kampagne „Positiv handeln“ plädiert für individuelle Wege und Aktionen auf Diskriminierung aufmerksam zu machen und sie abzubauen. Statt Fertigsuppen zu schlürfen, animiert er die Teilnehmenden, ihr eigenes Süppchen zu kochen.
21.08., 18:55 Uhr – "Sie verstecken sich nicht!"
Schirmherrin und Verfassungsrichterin Dr. Susanne Baer hält ein beeindruckendes Grußwort. „Ich gratuliere Ihnen, denn Sie verstecken sich nicht. Sie sind die gelebte Kultur der Menschen- und Bürgerrechte, wie sie das Grundgesetz sichert.“
Bewegt berichtet Frau Baer auch von ihrem Onkel, der vor 30 Jahren an den Folgen von Aids starb. Sie wisse nun, wie stark das Tabu damals war, darüber zu reden.
21.08., 14:50 – HCV in der JVA
Mit einem lauten Scheppern fällt das Tor ins Schloss: Jetzt sind gut ein Dutzend Teilnehmer_innen der PoBe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Kassel gelandet. Doch keine Sorge, sie kommen in den Kulturbahnhof zurück.
Jetzt aber sind sie an diesem ungewöhnlichen Ort, um sich im ersten Workshop der PoBe zu „Hepatitis C in Haft“ über neue Therapien der HCV-Infektion zu informieren und darüber zu diskutieren. Denn die Behandelbarkeit von Hepatitis C verbessert sich wesentlich. Ein erstes Medikament ist bereits auf dem Markt; weitere werden folgen, die die Chancen auf kürzere und nebenwirkungsärmere Behandlungen erhöhen.
Fragen bleiben aber: Wie sind die Chancen für HIV/HCV-koinfizierte Menschen? Wie werden die teuren Therapien langfristig finanziert? Wird jeder von den neuen Präparaten profitieren, beispielsweise auch Inhaftierte? Die Antworten sind leider nicht so selbstverständlich wie erhofft… Aktuelle Infos zusammengefasst auf unserem Blog
21.08., 14:24 – Unsere Botschaften
Bereits gestern fand unsere Pressekonferenz großes Interesse. Unsere zentralen Botschaften sind:
DAH-Vorstand Carsten Schatz: „Es ist ein Skandal, dass noch immer viele Menschen unnötig an Aids sterben“
Leiterin der AIDS-Hilfe Kassel Andrea Görmer: „Wir wollen mehr Menschen im ländlichen Raum erreichen. Im Raum Kassel leben 500 Positive.“
Holger Pauly, Mitglied der Vorbereitungsgruppe: „Die Konferenz gibt uns die Gelegenheit, uns auszutauschen und uns stark zu machen!“
Konferenzleitung Heike Gronski: „Wir setzen ein starkes politisches Signal für Respekt und Gleichberechtigung.“
Kerstin Mörsch, Leiterin der Kontaktstelle zu HIV-bedingter Diskriminierung: „Diskriminierung macht Menschen mit HIV krank.“
21.08., 13:55 Uhr – Die Spannung steigt!
Die ersten Teilnehmer_innen reisen an und studieren eifrig das Programm. Hinter den Kulissen werden noch letzte Handgriffe getätigt, bevor es um 18 Uhr dann mit der Eröffnungsveranstaltung beginnt. Es kann losgehen!
Erste Bilder vom Aufbau und der Pressekonferenz gibt es bereits auf Facebook.