Kündigung in der Probezeit nach positivem HIV-Test

Darf man einem Mitarbeiter in der Probezeit nach einem positiven HIV-Test kündigen? Oder gilt hier das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das vor Diskriminierung aufgrund einer Behinderung schützt?

Um diese Frage geht es im Kern in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin, das am 21. Juli begann. Der 24-jährige Chemielaborant Sebastian F. hatte in seiner Probezeit von seinem Arbeitgeber, einem pharmazeutischen Unternehmen, die fristlose Kündigung erhalten, nachdem der HIV-Test im Rahmen einer betriebsärztlichen Untersuchung positiv ausgefallen war. Das Gericht hat nun zu entscheiden, ob eine HIV-Infektion unter das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz fällt, das die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer ethischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder einer Behinderung verhindern soll. In diesem Fall ist eine Kündigung auch während der Probezeit unzulässig.

„Auch wenn HIV-Infektionen oder chronische Erkrankungen nicht explizit im Gesetzestext vorkommen: Für uns als Deutsche AIDS-Hilfe ist klar, dass sich der Diskriminierungsschutz auch auf Behinderungen bezieht, die durch eine HIV-Infektion entstanden sind“, sagt Geschäftsführerin Silke Klumb. „So sieht es übrigens auch das Bundesministerium für Gesundheit in seinem Bericht zum Aktionsplan zur Umsetzung HIV/AIDS-Bekämpfungsstrategie der Bundesregierung. Und die Versorgungsämter stufen eine HIV-Infektion auch dann als zehnprozentige Behinderung ein, wenn noch keine klinischen Symptome auftreten.“

Als erschreckend bezeichnet Silke Klumb die Begründung für die Kündigung: Das Pharma-Unternehmen hatte den Schutz seiner Kunden vor einer Infektion ins Feld geführt. „Im Jahr 2011 sollte bekannt sein, dass HIV nicht durch Händeschütteln, Anhusten oder über Türklinken übertragbar ist. Wir laden das Unternehmen gerne ein, sich bei uns über die Übertragungswege und Präventionsmöglichkeiten zu informieren.“

Grundsätzlich gibt es für Menschen mit HIV keine arbeitsrechtlichen Einschränkungen bei der Berufswahl oder -ausübung. In den vom Robert Koch-Institut 1999 veröffentlichen „Regelungen und Empfehlungen zur Infektionsprävention“ wird empfohlen, dass HIV-infizierte Personen keine ärztlichen oder zahnärztlichen Eingriffe vornehmen sollten, die eine Verletzungsgefahr für sie selbst und damit ein Infektionsrisiko für den Patienten beinhalten. Gemeint sind damit zum Beispiel Operationen, bei denen mit den Fingern in der Nähe scharfer oder spitzer Instrumente gearbeitet wird. Nach den Empfehlungen ist das Risiko einer Ansteckung von Arbeitskollegen oder Patienten nahezu ausgeschlossen, wenn die üblichen Sicherheits- und Hygienestandards eingehalten werden. „Dass ein Mitarbeiter im Labor, der gar keinen direkten Kontakt mit Kunden hatte, ein Infektionsrisiko darstellen könnte, entbehrt jeder Grundlage", sagt Silke Klumb.