Europas größte HIV-Selbsthilfe-Konferenz beginnt in Kassel
Kassel, 20.8.2014 – Ausgrenzung und Benachteiligung von Menschen mit HIV verursacht heute oft größere Probleme als die Infektion selbst. Bei den „Positiven Begegnungen“, Europas größter HIV-Selbsthilfe-Konferenz, geht es deswegen schwerpunktmäßig um Wege aus der Diskriminierung. Die Tagung beginnt am Donnerstag in Kassel. Motto: „Wir machen uns stark! Und du?“ Die Schirmherrschaft hat Susanne Baer, Richterin des Bundesverfassungsgerichts, übernommen.
Ein fast normales Leben mit HIV ist möglich
„Die meisten Menschen mit HIV könnten heute ein fast normales Leben führen, doch Diskriminierung macht ihnen das Leben schwer“, sagte Carsten Schatz vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) am Mittwochmorgen bei einer Pressekonferenz im Kasseler Kulturbahnhof. Schatz weiter: „HIV ist noch immer mit einem gesellschaftlichen Stigma behaftet. Das führt auch dazu, dass Menschen aus Angst vor Ausgrenzung nicht zum Test gehen und schwer krank werden. Viele Aids-Erkrankungen in Deutschland sind vermeidbar!“
Diskriminierung immer noch Alltag
Kerstin Mörsch von der Kontaktstelle zu HIV-bedingter Diskriminierung der DAH erläuterte: „Diskriminierung ist für Menschen mit HIV eher die Regel als die Ausnahme. Die allermeisten haben bereits Benachteiligung erlebt – von Klatsch und Tratsch im Bekanntenkreis über Zurückweisung in medizinischen Einrichtungen und Mobbing am Arbeitsplatz bis hin zum Ausschluss aus der Familie. Ablehnung, Schuldzuweisungen und andere Formen der Diskriminierung können Gesundheit und Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen.“
Menschen stark machen
Die Positiven Begegnungen sollen dem entgegen wirken, indem sie Wege zum Umgang mit Diskriminierung vorstellen und auch ermutigende Beispiele erzählen, denn natürlich reagieren auch viele Menschen solidarisch. Grund für Diskriminierung sind meist irrationale Ängste vor einer HIV-Infektion, falsche Vorstellungen vom Leben mit HIV oder Vorbehalte gegenüber schwulen Männern und Drogenkonsumenten.
Dazu Heike Gronski, DAH-Referentin für das Leben mit HIV bei der Pressekonferenz: „Die Positiven Begegnungen sollen Menschen stark machen, indem sie zu einem selbstbewussten Umgang mit der Infektion ermutigen. In Kassel entwickeln wir Strategien, um gesellschaftlich noch mehr gegen Diskriminierung zu tun. Von der Veranstaltung wird ein starkes politisches Signal für Respekt und Gleichberechtigung ausgehen.“
Holger Pauly von der Vorbereitungsgruppe der Konferenz, selbst HIV-positiv, sagte: „Die Positiven Begegnungen bieten uns eine einmalige Gelegenheit, von den Erfahrungen anderer zu profitieren und uns gegenseitig zu stärken! Die Konferenz hilft dabei, verinnerlichte Stigmatisierung zu überwinden, Diskriminierung aktiv entgegen zu treten und fördern den Mut zum Coming-out.“
Leben mit HIV in Kassel
Andrea Görmer, Geschäftsstellenleiterin der AIDS-Hilfe Kassel erklärte: „Wir erhoffen uns von den Positiven Begegnungen einen kräftigen Schub für unsere Selbsthilfeaktivitäten. Im Großraum Kassel leben rund 500 Menschen mit HIV. Die HIV-Positiven in den ländlichen Regionen erreichen wir noch lange nicht alle. Für sie möchten wir unser Angebot weiter ausbauen.“
Workshops, Demonstration, Café und Party
Bei den Positiven Begegnungen befassen sich rund 50 Einzelveranstaltungen mit Themen rund um das Leben mit HIV, zum Beispiel Älterwerden mit HIV, die Strafbarkeit der HIV-Übertragung, die Schutzwirkung der HIV-Therapie für HIV-negative Partner, Selbsthilfeaktivitäten und vieles mehr. Am 23.8. demonstrieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Kasseler Christopher Day für Respekt und Gleichberechtigung. Außerdem gibt es eine Abschlussparty und ein Kongresscafé.
Die Positiven Begegnungen finden alle zwei Jahre statt und werden von der Deutschen AIDS-Hilfe in Kooperation mit einer Vorbereitungsgruppe aus der HIV-Selbsthilfe-Community organisiert.
Positive Begegnungen, 21.-24.8.2014, Kulturbahnhof Kassel
Eröffnung am 21.8.2014, 18 Uhr, offen für die Presse