Europäischer Drogenbericht: HIV-Epidemie unter Drogengebrauchern in Südosteuropa

Während in den meisten europäischen Ländern die Zahl der HIV-Neuinfektionen bei Drogenkonsumenten sinkt, ist in Griechenland und Rumänien ein sprunghafter Anstieg zu verzeichnen.

Bislang habe man in Griechenland jährlich zwischen 9 und 19 Neudiagnosen bei Personen registriert, die Drogen spritzen. 2011 sei diese Zahl jedoch auf 241 hochgeschnellt, heißt es in dem am 15. November in Berlin vorgelegten Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD). In Rumänien sei die Zahl der Neuerkrankungen von jährlich bis zu sechs Fällen auf 114 Fälle angestiegen. Auch in Estland und Litauen würden wieder mehr Neuerkrankungen gemeldet.

Es bestehe „Grund zu der besorgniserregenden Prognose, dass das Risiko für neue, örtlich begrenzte HIV-Epidemien möglicherweise zunehmen wird“, stellt der Bericht fest. Ursachen seien in den Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu finden, so etwa im zunehmenden sozialen Verfall in bestimmten Wohnvierteln und in den Kürzungen bei Präventionsprogrammen.

Laut einem Bericht der Berliner Zeitung wurden in Griechenland 2010 die staatlichen Unterstützungsleistungen für Arbeits- und Obdachlose auf ein Jahr begrenzt. Gleichzeitig sei das Geschäft mit Drogen und Prostitution nahezu zusammengebrochen - beides für viele Drogengebraucher wichtige Einnahmequellen, um die Sucht zu finanzieren. Als HIV-Infizierte hätten Drogengebraucher jedoch Zugang zu Krankenversicherung und Substitutionsprogrammen und zu mehr Sozialhilfe. Eine wachsende Zahl von Drogenkonsumenten wähle deshalb den Weg der Infizierung, so Marios Lanzas, Vorsitzender der griechischen Forschungsgruppe zur Aids-Bekämpfung, gegenüber der „Berliner Zeitung“. Das Phänomen war Medienberichten zufolge bereits im vergangenen Jahr erkannt worden.

„Sollten die Berichte über Selbstinfizierungen zutreffen, würde das vor allem zeigen, wie groß die Verzweiflung dieser Menschen ist“, sagt Dirk Schaeffer, DAH-Referent für Drogen und Strafvollzug. Deutschland sei mehr denn je gefordert, sich auf politischer, aber auch praktischer Ebene in den betroffenen Regionen und Ländern zu engagieren. „Deutschland verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der HIV-Prävention, die dort dringend benötigt wird, um HIV-Infektionen zu verhindern“, betont Schaeffer.

(sho)

Link zum Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht