Die Weltgesundheitsorganisation rät zu frühestmöglicher Behandlung von HIV-Positiven
Jeder HIV-Infizierte sollte möglichst unmittelbar nach der Diagnose eine antiretrovirale Therapie (ART) erhalten, heißt es in einem am Mittwoch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichten Statement.
Die Gesundheitsbehörde der Vereinen Nationen passt sich mit dieser Aktualisierung ihrer Leitlinien zur ART und PrEP der bereits in vielen Ländern, z.B. in Deutschland und den USA, praktizierten Haltung an. Bislang hatte die WHO dazu geraten, HIV-Infizierte erst dann zu behandeln, wenn das Immunsystem erkennbar angegriffen ist.
Darüber hinaus empfiehlt die WHO, Menschen mit einem „wesentlich“ erhöhten HIV-Infektionsrisiko eine vorbeugende Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten als Pre-Expositions-Prophylaxe (PrEP) anzubieten.
"Beide Änderungen der WHO-Leitlinien sind vor allem als politisches Signal zu verstehen", sagt Armin Scharfberger, DAH-Referent für Medizin und Gesundheitspolitik. Derzeit seien diese Empfehlungen jedoch nur bedingt umzusetzbar. Von den 35 Millionen HIV-positiven Menschen weltweit erhielten im vergangenen Jahr nur rund 15 Millionen eine antiretrovirale Therapie. Für viele ärmere Länder ist eine flächendeckende Versorgung aller HIV-Infizierten nicht zu finanzieren.
Der von der WHO geforderte Zugang zur PrEP sei zwar ein mutiger und offensiver Schritt, so Schafberger. Er sei aber derzeit in weiten Teilen der Welt - darunter auch Europa - nicht realisierbar, weil die entsprechenden HIV-Medikamente für diese Form der Anwendung gar nicht zugelassen sind.
Zudem ist in den neuen WHO-Leitlinien nicht klar formuliert, für welche Personengruppen die PrEP letztlich empfohlen wird. Während die Wirksamkeit der PreP bei Männern, die Sex mit Männern haben, bereits mehrfach bestätigt werden konnte, ist die Studienlage bei Frauen aktuell noch recht vage.
Abzuwarten ist nun, inwieweit die Forderungen der WHO bei der Überarbeitung der HIV-Leitlinien auf europäische Ebene im Rahmen der Aids-Konferenz in Barcelona vom 21.-24. Oktober ihren Niederschlag finden. Im Anschluss daran werden dann die jeweils nationalen Leitlinien formuliert.
Die deutsch-österreichischen Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-Infektion werden federführend von der Deutschen AIDS-Gesellschaft erstellt und sollen zum Jahresende in aktualisierter Fassung vorliegen.
(sho)