Dänemark stoppt HIV-Gesetz
Dänemarks Justizminister Lars Barfoed hat das sogenannte HIV-Gesetz vorläufig außer Kraft gesetzt. Das teilte gestern die dänische Stiftung AIDS Fondet mit. Nach § 252 drohten Menschen mit HIV bei ungeschütztem Sex bisher bis zu acht Jahren Haft.
Der erste Fall dieser Art wurde in Dänemark 1993 zur Anklage gebracht. Der Oberste Gerichtshof kam damals aber zu dem Schluss, dass der Wortlaut des bisherigen Gesetzes („willentliche oder leichtfertige Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit“) keine klare Grundlage für die strafrechtliche Verfolgung bot. 1994 ergänzte man das Gesetz daher um die Formulierung „tödliche und unheilbare Erkrankung“, um es 2001 schließlich durch den Zusatz „HIV“ zu spezifizieren.
Nach Angaben der internationalen Selbsthilfe-Organisation GNP+ wurden in Dänemark seither mindestens 18 Fälle strafrechtlich verfolgt. Jetzt hat man die Anwendung von § 252 erst einmal gestoppt. Der Anlass war eine parlamentarische Anfrage aus der Opposition, ob das Justizministerium das Gesetz angesichts der verbesserten Behandlungsmöglichkeiten für HIV-Positive beibehalten wolle, vor allem, seit durch eine HIV-Therapie das Infektionsrisiko deutlich gesenkt werden könne.
In seinem Antwortschreiben stellte Lars Barfoed fest, dass HIV-Positive heute möglicherweise eine genauso hohe Lebenserwartung haben wie andere Menschen gleichen Alters oder Geschlechts, wenn die Medikamente regelmäßig eingenommen werden und keine Komplikationen durch andere Krankheiten vorliegen. Jetzt soll eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Justiz-, Innen- und Gesundheitsministeriums den HIV-Paragrafen prüfen – mit dem Ziel, ihn zu ändern oder ganz abzuschaffen.
In Deutschland gibt es keinen HIV-Paragrafen wie in Dänemark. Doch auch hier werden HIV-Positive aufgrund von ungeschütztem Sex strafrechtlich verfolgt. Zur Anwendung kommen dabei die Paragrafen 223 und 224 – „Körperverletzung“ und „Gefährliche Körperverletzung“ – des Strafgesetzbuchs.
„Die Deutsche AIDS-Hilfe begrüßt die dänische Initiative“, sagt Vorstandsmitglied Sylvia Urban. „Das Strafrecht darf kein Mittel der HIV-Prävention sein, denn die Kriminalisierung von Menschen mit HIV schadet ihr nur. Die Verantwortung für den Schutz vor HIV liegt bei jedem Einzelnen – sie kann nicht allein den HIV-Positiven zugeschoben werden.“ Positiv bewertet Sylvia Urban vor allem auch, dass in Dänemark der veränderten medizinischen Situation Rechnung getragen werden soll. „Die Argumente, mit denen man dort das HIV-Gesetz vorerst gestoppt hat, müssen auch in unserer Rechtsprechung berücksichtigt werden.“
(ch)
Quellen:
http://www.ondamaris.de/?p=25119
http://criminalhivtransmission.blogspot.com/2011/02/denmark-justice-minister-suspends-hiv.html