Bayern: Justizministerium kippt Arbeitsverbot für HIV-positive Gefangene
Wie das Bayerische Staatsministerium für Justiz der Deutschen AIDS-Hilfe am 26. Juni 2015 schriftlich mitteilte, soll das Arbeitsverbot für HIV-positive Häftlinge aufgehoben werden.
Bisher galt in Bayern nach einer Verwaltungsvorschrift zum Bayerischen Strafvollzugsgesetz, dass „zur Vermeidung unbegründeter Ängste“ Gefangene mit einer „ansteckungsfähigen HIV-Erkrankung“ nicht in der Küche, als Friseur oder in anderen Arbeitsbereichen mit Verletzungsgefahr eingesetzt werden dürfen.
In dem Schreiben des Bayerischen Justizministeriums heißt es nun, dass „verschiedene Eingaben und Nachfragen“ der Anlass gewesen seien, sich nochmals mit der Bestimmung auseinanderzusetzen: Man sei zu dem Schluss gekommen, dass einer Aufhebung der Regelung nichts mehr im Wege stehe. Diese soll bei der nächsten Überarbeitung der Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Strafvollzugsgesetz erfolgen. Die Leiterinnen und Leiter der bayrischen Justizvollzugsanstalten seien bereits angewiesen worden, die Regelung nicht mehr anzuwenden.
Noch im März dieses Jahres begründete das Ministerium gegenüber Kerstin Mörsch von der Kontaktstelle für HIV-bedingte Diskriminierung sein Arbeitsverbot für HIV-positive Gefangene mit „unverhältnismäßigen Belastungen und Sicherheitsrisiken“ für den Justizvollzug – einer Begründung, der HIV-Experten jedoch ganz klar widersprechen: „Grundsätzlich stellen Menschen mit einer HIV-Infektion – gleich ob behandelt oder unbehandelt – im (beruflichen) Alltag keine Infektionsgefahr dar“, äußerte sich zum Beispiel Dr. Jens Jarke von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) in einer Stellungnahme und wies extra darauf hin, dass auch bei Arbeiten in der Küche oder als Friseur kein HIV-Übertragungsrisiko besteht.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hatte sich ebenfalls an das Bayerische Justizministerium gewandt und es um eine Stellungnahme zum Arbeitsverbot gebeten. In seinem Antwortschreiben habe das Ministerium weder „die Bedenken der ADS an der Vereinbarkeit einer derartigen Verwaltungsvorschrift mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sowie dem Diskriminierungsverbot in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz“ erkennbar aufgegriffen noch entkräftet, so die ADS auf ihrer Website.
Nach Informationen der Bayerischen Staatszeitung hatte sich vorletzte Woche ein Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags mit dem Arbeitsverbot befasst. Ein Gefangener einer bayerischen Justizvollzugsanstalt hatte dort eine Petition eingebracht, nachdem er sich mehrfach in der Gefängnisküche und anderen Hausdiensten um eine Stelle beworben hatte – aufgrund seiner HIV-Infektion aber jedes Mal abgelehnt wurde. Die Nachfrage des Petitionsausschusses beim Justizministerium hat möglicherweise den Druck auf das Ministerium erhöht und dort letztlich zu einer Kehrtwende geführt. Nachdem das Ministerium mitteilte, die Regelung zum Arbeitsverbot aufheben zu wollen, habe der Petitionsausschuss den Fall für erledigt erklärt, schreibt die Bayerische Staatszeitung.
Die Arbeitsgemeinschaft Aids & Haft in Bayern begrüßt die Aufhebung der Bestimmung, bezweifelt aber, dass die Diskriminierung damit wirklich beendet wird. „Zu fragen bleibt, was der Justizvollzug gegen die unbegründeten Ängste gegenüber HIV-Positiven unternehmen will, so dass sich auch in den Köpfen etwas ändert“, sagt Ute Häußler von der Augsburger AIDS-Hilfe. Sie wünscht sich daher, dass Justizvollzugsanstalten Fachstellen wie die Aidshilfen noch besser einbinden und Präventions- und Antidiskriminierungsveranstaltungen in Haft ermöglichen.
(Christina Laußmann)
Quellen:
Verwaltungsvorschrift zum Bayerischen Strafvollzugsgesetz
Kontakstelle für HIV-bedingte Diskriminierung
Meldung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom 18. Februar 2015