Hass gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans* auf dem Vormarsch
In St. Petersburg könnten bald „öffentliche Aktivitäten“ bestraft werden, die im Beisein von Jugendlichen „Sodomie, Lesbianismus, Bisexualismus, Transgenderismus und Pädophilie“ positiv darstellen.
Dies sieht ein Entwurf für das Petersburger Ordnungswidrigkeitengesetz vor, der von der Putin-Partei „Vereintes Russland“ eingebracht worden war. Er hatte am 16. November bei der ersten Lesung im Petersburger Stadtparlament 37 Jastimmen und nur eine Neinstimme bekommen.
Aufgrund des bewusst vage formulierten Gesetzes könnten schon bald die Organisatoren und Teilnehmer von CSDs oder lesbisch-schwulen Kulturveranstaltungen, Autoren von homosexuellenfreundlichen Medienbeiträgen, Coming-out-Gruppen und selbst das Verwenden von Regenbogen-Fahnen mit Geldstrafen geahndet werden. Ähnliche Gesetze gibt es bereits in den Regionen Rjasan und Archangelsk. Aktivisten befürchten, dass die russische Regierungspartei ein solches Gesetz landesweit umsetzen will.
Der Gesetzentwurf hat international Proteste hervorgerufen. So hat etwa die LGBT-Arbeitsgruppe des Europaparlaments in einem offenen Brief kritisiert, der Entwurf führe zu Zensur und Diskriminierung. Der russische Homosexuellenaktivist Nikolai Baev forderte in einem offenen Brief den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf, gegen das Gesetzesvorhaben einzuschreiten, da es gegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankerte Diskriminierungsverbot und das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoße. Die EMRK ist auch für Russland als Mitglied des Europarats verbindlich.
Darüber hinaus haben mehr als 200.000 Menschen aus aller Welt unter auf der Website http://www.allout.org/en/actions/russia_silenced gegen den Gesetzentwurf protestiert. Die Deutsche AIDS-Hilfe ruft zusammen mit vielen weiteren NGOs dazu auf, sich bis zum 30. November an dieser Online-Unterschriftenaktion zu beteiligen – für diesen Tag ist die endgültige Verabschiedung vorgesehen.
Neue antihomosexuelle Gesetzesinitiativen auch in Afrika
Auch in afrikanischen Ländern müssen Homosexuelle eine verstärkte Strafverfolgung befürchten. In Uganda berät das Parlament seit Oktober erneut über ein Gesetzesvorhaben, das aufgrund internationaler Proteste – auch aus Deutschland – zunächst auf Eis gelegt worden war. Der Gesetzentwurf sieht die Todesstrafe für „schwere Homosexualität“ vor; gemeint ist damit Sex mit unter 18-Jährigen, Sex trotz HIV-Infektion des „Täters“ oder mehrere „Verbrechen“ in Folge. „Weniger schwerer“ gleichgeschlechtlicher Verkehr soll mit lebenslanger Haft bestraft werden, die „Werbung“ für Homosexualität mit einigen Jahren Gefängnis.
In Nigeria hat ein neues Gesetz die erste Lesung passiert, das gleichgeschlechtliche Hochzeiten mit Haftstrafe ahndet. Verurteilt werden könnten dann nicht nur das Paar selbst, sondern auch alle, die es unterstützt oder an der Feier teilgenommen haben.
Der britische Premierminister David Cameron hatte kürzlich angekündigt, die Entwicklungshilfe für afrikanische Staaten von der Einhaltung der Menschenrechte abhängig zu machen, und dabei auch die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben erwähnt. Regierungsvertreter aus Uganda, Malawi und Ghana warfen der britischen Regierung danach vor, sich weiterhin wie eine Kolonialmacht zu verhalten. Afrikanische LGBT-Organisationen wiederum befürchten, dass eine solchermaßen begründete Kürzung der Entwicklungshilfe den Hass der Bevölkerung auf die Homosexuellen noch weiter verstärken und zu mehr Lynchmorden führen könnte.
(sho/hs)
Quellen/weitere Informationen:
Mitteilung der Hirschfeld-Eddy-Stiftung vom 22.11.2011 zum Petersburger Gesetzesvorhaben
Bericht auf queer.de vom 23.11.2011 zu den Protesten gegen den Petersburger Gesetzentwurf
Bericht auf queer.de vom 26.10.2011 zum Gesetzesvorhaben in Uganda
Bericht auf queer.de vom 02.11.2011 zum Gesetzesvorhaben in Nigeria
Bericht auf queer.de vom 02.11.2011 zum Thema Entwicklungshilfe und Menschenrechte