2. Prävention muss sich auch an Kunden richten
Viele Sexarbeiter*innen, die an der Studie teilgenommen haben, wünschen die Einführung von Maßnahmen, die sich an ihre Kunden1 richten. Damit sind keine strafrechtlichen Instrumente gemeint, denn diese erschweren ihre Arbeit und bedrohen damit ihre Existenzgrundlage. Vorgeschlagen werden gezielte Präventionsmaßnahmen für Kunden sowie eine partizipativ konzipierte und weitreichende, an die Mehrheitsgesellschaft gerichtete Aufklärungskampagne. Das Ziel dieser Maßnahmen sollte sein, Kunden im Umgang mit Sexarbeiter*innen und für eine faire Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen zu sensibilisieren. Hierbei sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass weder Sexarbeiter*innen noch Kunden durch die Kampagnen und Programme stigmatisiert werden – denn das könnte zu Ablehnung und damit zu einer schlechteren Annahme und Umsetzung führen. Die Studienteilnehmenden thematisieren vier Aspekte, zu denen Kunden sensibilisiert werden sollten:
- Respekt: Sexarbeiter*innen verdienen als Dienstleister*innen einen respektvollen Umgang. Kunden müssen die Bedingungen der Sexarbeiter*innen akzeptieren und sich an die vereinbarten Regeln halten. Nein heißt Nein!
- Faire Preise: Das Herunterhandeln von Preisen hat weitreichende negative Auswirkungen auf Sexarbeiter*innen. Sexuelle Dienstleistungen müssen fair bezahlt werden.
- Kondomnutzung: Kunden müssen die Bedingungen von Sexarbeiter*innen in Bezug auf die Nutzung von Kondomen akzeptieren.
- HIV/STI-Aufklärung und -Tests: Nicht nur Sexarbeiter*innen, sondern auch ihre Kunden sollten über sexuell übertragbare Infektionen aufgeklärt werden und ihnen sollten niedrigschwellige, stigmafreie und freiwillige Testangebote unterbreitet werden.
1 Aus folgendem Grund verzichten wir auf die inklusive Formulierung „Kund*innen“ zugunsten der eindeutigen Ansprache von cis männlichen Kunden: Wenn es um Präventionsmaßnahmen geht, ist es wichtig, die Zielgruppe klar zu benennen, damit sich die Menschen angesprochen fühlen, die gemeint sind. In dieser Empfehlung geht es um Themen, die in erster Linie cis Männer betreffen – zum Beispiel die Sensibilisierung zur Nutzung von Kondomen. Auch geht es um Straftaten, die häufig von cis Männern verübt werden – zum Beispiel sexualisierte Gewalt, Gewalt an Sexarbeiter*innen etc.