Stigma und Diskriminierung
Kurzinfo
Die Lebensqualität von Menschen mit HIV wird heute vor allem durch Vorurteile und Diskriminierung eingeschränkt, nicht durch die HIV-Infektion selbst. Das ist die zentrale Erkenntnis der Studie „positive stimmen 2.0“ der Deutsche Aidshilfe (DAH) und des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) von 2021.
Die meisten Menschen in Deutschland (90% der online Befragten) leben gut mit ihrer HIV-Infektion. Dank der guten Therapiemöglichkeiten fühlen sich drei Viertel der Befragten gesundheitlich nicht oder nur wenig eingeschränkt. Dagegen berichten 95% von mindestens einer diskriminierenden Erfahrung in den letzten 12 Monaten, und 52 % geben an, dass Vorurteile ihr Leben beeinträchtigen.
Diskriminierung und Stigmatisierung haben gravierende Folgen für Gesundheit und psychisches Wohlbefinden – 70% der Teilnehmer*innen der Befragung empfinden es als schwierig, anderen von ihrer HIV-Infektion zu erzählen, und drei Viertel verheimlichen sie „in vielen Lebensbereichen“. Rund ein Viertel der Befragten hat stigmatisierende Einstellungen verinnerlicht: sie gaben an, sich zu schämen, HIV-positiv zu sein und sich schuldig zu fühlen.
Besonders häufig (56%) geben die Befragten Diskriminierung im Gesundheitswesen an – 16% berichten sogar, dass ihnen mindestens einmal eine zahnärztliche Versorgung im letzten Jahr verweigert wurde, und 8% passierte dies bei allgemeinen Gesundheitsleistungen.
Ein Viertel der Befragten legt auch deshalb den HIV-Status nicht immer offen, wenn sie Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. Dies kann bei Wechselwirkungen von Medikamenten negative Folgen haben und steht einer ganzheitlichen Genesung im Wege. Hier können Sie mit Ihrem professionellem Umgang in Praxis, Klinik, Pflege, Reha und Therapie entgegenwirken sowie Diskriminierung abbauen, indem Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen.
Eine weitere zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass Menschen mit HIV aufgrund weiterer Identitätsmerkmale Diskriminierung erfahren. Jeder zweite schwule oder bisexuelle Mann in der Studie berichtet von Homophobie, und 62% der befragten Schwarzen Menschen und People of Colour berichten von Rassismus. Es ist eine wichtige Aufgabe für die ganze Gesellschaft, sich bewusst mit Vorurteilen auseinandersetzen, um Diskriminierung mit einer aktiven Willkommenskultur entgegentreten zu können.
Wenn Sie Ihre persönlichen Kompetenzen und die Arbeitsweise in Praxis oder Klinik im Bereich Antidiskriminierung weiterentwickeln wollen, bietet das Fortbildungs- und Gütesiegelprogramm Praxis Vielfalt der Deutschen Aidshilfe eine an den Praxis- und Klinikbetrieb angepasste Anleitung und Begleitung auf diesem Weg.
Speziell für Rehabilitationseinrichtungen haben wir gemeinsam mit Menschen mit HIV und Reha-Erfahrung die Broschüre „Reha positiv“ erstellt. Sie fasst wichtige Informationen und Handlungsempfehlungen praxisnah zusammen.