Die Infomappe richtet sich an Berater*innen in Aidshilfen.

Ratsuchende, die Fragen rund um HIV, Geschlechtskrankheiten und sexuellem Wohlbefinden haben, können sich an unsere Onlineberatung unter www.aidshilfe-beratung.de wenden.  

PEP = Post-Expositions- Prophylaxe

Die HIV-PEP ist eine vorsorgliche Behandlung (Prophylaxe) nach (post) einer Situation, in der jemand HIV ausgesetzt war (Exposition). Ziel ist, dass es nach der Exposition nicht zu einer HIV-Infektion kommt: HIV soll sich nicht vermehren und im Körper „einnisten“ können, die Infektion soll nicht „angehen“. 

Die HIV-PEP besteht aus einer Kombination aus drei Wirkstoffen gegen HIV, die für eine Dauer von meist vier Wochen eingenommen wird.

Die HIV-PEP ist eine Notfallmaßnahme. Sie kann eine Infektion nicht sicher, aber bei frühzeitigem Einsatz relativ sicher verhindern.

Wenn ein hohes Risiko für eine HIV-Infektion in den letzten Stunden (bis 48 Stunden) bestand, gilt es, keine Zeit zu verlieren und die Indikation für eine PEP prüfen zu lassen – am besten durch eine Schwerpunktpraxis.

In der Beratungspraxis spielt fast nur die HIV-PEP nach sexueller Exposition eine Rolle, und zwar dann, wenn keine Safer-Sex-Methode (Kondome/Femidome, PrEP, Schutz durch Therapie) angewendet wurde.

Seit in Deutschland die medikamentöse HIV-Prophylaxe (PrEP) verfügbar ist (sie ist seit September 2019 Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung für Personen „mit substanziellem HIV-Risiko“), ist die Nachfrage nach der PEP deutlich zurückgegangen und es kommt sehr viel seltener zu Situationen, in denen eine PEP noch indiziert ist – nicht zuletzt auch deshalb, weil Menschen mit HIV immer früher und immer besser behandelt werden und somit die Zahl der Personen, die HIV noch übertragen können, immer weiter sinkt.

Sofortmaßnahmen nach „Sexunfällen“

Nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr – das heißt: Sex ohne Kondom oder PrEP mit einem* einer HIV-positiven Partner*in ohne (ausreichende) HIV-Therapie – lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung durch folgende Maßnahmen etwas reduzieren:

  • Nach eindringendem ungeschütztem Anal-/Vaginalverkehr: Urinieren und damit Harnröhre ausspülen. Penis unter fließendem Wasser mit Seife waschen. Dazu ggf. Vorhaut zurückziehen und Eichel sowie Innenseite der Vorhaut vorsichtig (ohne Druck auf die Schleimhaut auszuüben) reinigen.
  • Wenn Samenflüssigkeit ins Auge gelangt: mit Wasser ausspülen.
  • Man kann nicht zu einer Scheiden- oder Darmspülung raten. Es gibt keine Daten dazu, d. h., man weiß nicht, ob eine Spülung günstig ist oder sogar die HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit erhöht.

Bei Aufnahme von Samenflüssigkeit in den Mund: ausspucken und vier- bis fünfmal kurz nachspülen. Bei Aufnahme tief im Rachen ist Schlucken schneller durchführbar als Spucken.

Indikation

Grundlage für die folgenden Informationen ist die „Deutsch-Österreichische Leitlinie zur medikamentösen Postexpositionsprophylaxe (PEP) nach HIV-Exposition“ aus dem Jahr 2022. Die Kurzfassung ist unter dem Kurzlink t1p.de/fs7ri zu finden. Unterschieden werden in der Leitlinie die drei Kategorien

  • PEP soll erfolgen (PEP wird empfohlen)
  • PEP kann erfolgen (PEP soll angeboten werden)
  • PEP soll nicht erfolgen.

Nach sexueller Exposition

Bei bekannter HIV-Infektion des Partners*der Partnerin

  • Eine HIV-PEP wird klar empfohlen nach ungeschütztem Anal- oder Vaginalverkehr (das heißt: ohne Kondom/Femidom und ohne PrEP-Gebrauch), wenn die Viruslast mehr als 1000 Kopien/ml beträgt oder der Behandlungsstatus nicht bekannt ist.
  • Eine HIV-PEP soll angeboten werden nach ungeschütztem Anal- oder Vaginalverkehr, wenn die Viruslast des Partners*der Partnerin zwischen 50 und 1000 / ml liegt.

Bei unbekanntem HIV-Statuts des Partners*der Partnerin

  • Eine HIV-PEP soll angeboten werden nach ungeschütztem Anal- oder Vaginalverkehr bei erhöhter Wahrscheinlichkeit, dass bei dem*der Partner*in eine unbekannte oder nicht behandelte HIV-Infektion vorliegt, z. B.
    • bei Männern, die Sex mit Männern haben
    • bei Personen, die intravenös Drogen konsumieren
    • bei Personen aus Regionen mit weiter HIV-Verbreitung.

Nach beruflicher Exposition (z. B. bei medizinischem Personal)

Eine HIV-PEP ist angezeigt, falls sich medizinisches oder sonstiges Personal mit einer Spritze oder einem anderen Instrument verletzt, das zuvor mit HIV-haltigem Blut in Kontakt gekommen ist. Bei Kontakt zwischen Schleimhäuten/nicht intakter Haut und Flüssigkeiten mit hoher Viruskonzentration soll eine PEP laut Leitlinien angeboten werden.

Nach Exposition beim intravenösem Drogengebrauch

Eine PEP wird empfohlen, wenn Spritzbesteck, das mit HIV-haltigem Blut in Kontakt gekommen ist, von mehreren Drogengebrauchenden benutzt wird; ist der HIV-Status nicht bekannt, soll sie angeboten werden.

Nach tiefen, blutigen Biss- und Schnittverletzungen

Wenn jemand tief und blutig von einer Person mit HIV gebissen wurde, die keine HIV-Medikamente nimmt oder bei der die HIV-Medikamente die HIV-Vermehrung nicht ausreichend unterdrücken UND die blutende Verletzungen im Mund hat (z. B., weil sie sich bei einem epileptischen Anfall in die Zunge gebissen hat), wird eine PEP empfohlen. 

Angeboten werden soll eine PEP nach einer blutigen Schnittverletzung mit einem Messer oder anderen Instrument, das zuvor schon andere blutige Schnittverletzungen verursacht hat („serielle blutende Verletzung“), wenn der HIV-Status der Verletzten nicht bekannt ist und nicht zeitnah ermittelt werden kann.

Wann ist eine HIV-PEP nicht indiziert?

Nicht erfolgen soll eine PEP nach den Deutsch-Österreichischen Leitlinien

  • nach ungeschütztem Anal- oder Vaginalverkehr mit einer Person, deren HIV-Status unbekannt ist, aber nicht einer Gruppe mit hoher HIV-Prävalenz angehört; nicht erhöht ist die HIV-Prävalenz z. B. auch bei (cis) Sexarbeiterinnen in Deutschland
  • nach ungeschütztem Anal- oder Vaginalverkehr mit einer HIV-positiven Person, deren Viruslast bei den letzten Messungen immer unter 50 Kopien/ml lag (nicht nachweisbar war).
  • nach Oralverkehr (das gilt grundsätzlich, also z. B. auch dann, wenn Sperma aufgenommen wurde) – das HIV-Risiko bei Oralverkehr ist extrem gering
  • bei versehentlicher Stichverletzung an einer herumliegenden, gebrauchten Spritze (z. B. Spielplatz)
  • bei beruflicher Exposition, wenn die HIV-Virenmenge (Viruslast) unter 50 Kopien/ml liegt.

Zeitpunkt für eine PEP

Mit einer PEP muss so schnell wie möglich nach dem HIV-Infektionsrisiko begonnen werden – am besten innerhalb von zwei Stunden, sonst möglichst binnen 24 Stunden, maximal bis 48 Stunden. Ob eine PEP nach Ablauf von 48 Stunden noch irgendeinen Effekt hat, ist sehr fraglich; die Leitlinie spricht von maximal 72 Stunden.

Wo gibt es die PEP?

Nur spezialisierte Krankenhäuser und Arztpraxen kennen sich mit der PEP aus.

Informationen zur PEP gibt es unter ▶ https://www.aidshilfe.de/PEP

Namen und Adressen von geeigneten Anlaufstellen, in denen man rund um die Uhr eine PEP bekommen kann, finden sich unter kompass.hiv/pep.

Leider kennen sich manche Ärzt*innen nicht gut mit dem Thema PEP aus. Eine Hilfestellung kann das Blatt „Wegweiser zur PEP“ geben. Es enthält sowohl Hinweise für Menschen, die eine PEP in Erwägung ziehen, als auch für Ärzt*innen. Finden kann man das Blatt unter iwwit.de/pep (im Text „Wegweiser“ anklicken). Wir empfehlen, das Blatt auszudrucken und ins Krankenhaus mitzunehmen.

Tagsüber ist die PEP auch in HIV-Schwerpunktpraxen erhältlich.