HIV-Übertragungswahrscheinlichkeiten
Die Infomappe richtet sich an Berater*innen in Aidshilfen.
Ratsuchende, die Fragen rund um HIV, Geschlechtskrankheiten und sexuellem Wohlbefinden haben, können sich an unsere Onlineberatung unter www.aidshilfe-beratung.de wenden.
HIV in Deutschland
In den meisten Anfragen wollen Ratsuchende von uns wissen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie sich bei einem sexuellen Kontakt mit HIV angesteckt haben könnten. Um das einschätzen zu können, spielt neben dem Übertragungsweg und den umgesetzten Schutzmaßnahmen auch die statistische Wahrscheinlichkeit eine Rolle, auf eine nicht behandelte Person mit HIV zu treffen, sodass eine sexuelle Übertragung möglich ist.
Hierzu sind einige Fakten wissenswert:
Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung
Ob es zu einer HIV-Infektion kommt, hängt von vielen Faktoren ab. Deswegen ist es wichtig, den Kontext und die Bedingungen der „Risikosituation“ zu erfragen. Dies erfordert gelegentlich auch den Mut, nach Details zu fragen: Die Beratenden müssen sich ein genaues Bild davon machen können, was „passiert“ ist.
Die Ratsuchenden wiederum können lediglich dabei unterstützt werden, ihr persönliches Schutzverhalten zu entwickeln, indem sie entsprechende Informationen erhalten. Allgemeingültige Handlungsanweisungen können ihnen nicht gegeben werden. Jede Risikoeinschätzung ist nur in diesem Kontext zu verstehen und zu vermitteln.
Grundsätzlich sind Angaben zu HIV- Risiken statistische Werte. So kann bei einer Person ein einziger Kontakt zu einer Infektion führen, während bei anderen auch mehrfache Kontakte folgenlos bleiben. Je nach Übertragungsweg kann das statistische Risiko bei ungeschütztem Sex zum Beispiel zwischen etwa einer Infektion pro 100 Kontakten und einer Infektion pro 1000 Kontakten liegen.
Beispiele für Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion beeinflussen
Safer Sex: Wurde Safer Sex (Kondome, PrEP oder Schutz durch Therapie) praktiziert und ist somit eine HIV-Übertragung weitestgehend auszuschließen?
Wahrscheinlichkeit, dass der*die Partner*in HIV-infiziert ist: Gehört der*die Partner*in zu einer Gruppe, in der HIV stärker verbreitet ist (z. B. MSM, Dro- gengebraucher*innen)? Diese Klärung ist besonders notwendig, falls noch eine PEP in Erwägung gezogen wird.
Menge der übertragenen Viruskopien: Die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung steigt mit der übertragenen Virusmenge.
Voraussetzungen für Schutz durch Therapie: Falls der*die Sexpartner*in HIV-positiv ist – gibt es Informationen, ob er*sie eine medikamentöse Therapie macht und ob HIV dank der Therapie nicht übertragen werden kann?
Art der Sexualpraktik/welche Schleimhäute und Körperflüssigkeiten waren beteiligt?
- Sperma, Vaginalflüssigkeit (Scheidenflüssigkeit) und Menstruationsblut enthalten bei einer unbehandelten HIV-Infektion sehr viele Viren.
- Die Schleimhäute im Enddarm, am Gebärmutterhals und in der Vagina sind sehr empfindlich und können HIV leicht aufnehmen, ebenso die Schleimhäute an der Innenseite der Vorhaut der Harnröhre und am Bändchen des Penis.
- Da Vaginal- und Darmschleimhaut viele Viren enthalten können, gibt es beim Vaginal- und Analverkehr auch ein HIV-Risiko für die eindringende („aktive“) Person.
- Beim Oralverkehr gibt es praktisch kein HIV-Risiko, denn die Mundschleimhaut ist sehr stabil. Selbst wenn Sperma oder Menstruationsblut in den Mund gelangt, ist das Übertragungsrisiko sehr gering.
Liegen begleitende Geschlechtskrankheiten wie z. B. eine Chlamydien-Infektion, eine Syphilis oder eine Gonorrhö vor? Dadurch kann sich die HIV-Übertragungswahrscheinlichkeit erhöhen.
Beschneidungsstatus: Menschen mit einem beschnittenen Penis haben beim Vaginalverkehr und wahrscheinlich auch beim Analverkehr eine geringere Wahrscheinlichkeit, sich mit HIV zu infizieren.
Anzahl der Sexualkontakte und der Sexualpartner*innen: Statistische Risiken häufen sich mit der Zahl der ungeschützten Sexkontakte bzw. der Zahl der Sexualpartner*innen an.
Menge bzw. Konzentration der aufgenommenen HIV-haltigen Sekrete und Dauer des „Einwirkens“: Bei geringer Menge und kurzer Dauer ist das Risiko, sich mit HIV zu infizieren, niedriger.
Dauer und Intensität des Sexualakts: Je länger der Geschlechtsverkehr dauert und je „heftiger“ er ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung.