HIV-bezogene Krankheitsängste

Die Infomappe richtet sich an Berater*innen in Aidshilfen.

Ratsuchende, die Fragen rund um HIV, Geschlechtskrankheiten und sexuellem Wohlbefinden haben, können sich an unsere Onlineberatung unter www.aidshilfe-beratung.de wenden.  

Die Vorstellung, sich mit HIV zu infizieren oder gar Aids zu bekommen, kann Menschen in große Ängste versetzen. Angst vor etwas Bedrohlichem zu haben, ist eine vollkommen natürliche Reaktion.

Ängste entstehen zum Beispiel, weil, weil Menschen zu wenig Informationen über Ansteckungswege haben, manche Ängste verstärken sich, weil Menschen ein veraltetes Bild von HIV und Aids haben, das noch sehr mit Leiden und Sterben verknüpft ist. Und andere Ängste sind Ausdruck dahinterliegender tiefsitzender Schuldgefühle. Das Thema Sexualität bietet sich für manche Menschen besonders an, Schuldgefühle zu entwickeln.

Beratung ist dazu da, dass Menschen über ihre Ängste und Befürchtungen reden können. Ziel ist, dass sie für ihre individuelle Situation die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung einschätzen lernen und für sich in einen Kontext stellen können. Sie sollen ein Gespür dafür bekommen, in welchen Situationen und unter welchen Umständen eine HIV-Übertragung möglich ist – oder eben nicht.

Mit den vorliegenden Empfehlungen möchten wir Wege aufzeigen, wie Ratsuchende, die eine hohe Angst vor HIV, dabei aber kein oder nur ein geringes Risiko für eine HIV-Übertragung haben, in der HIV-Beratung gut versorgt werden können. Der Schwerpunkt der Empfehlungen liegt auf der Förderung einer angemessenen Beratung mit der passenden Überweisung – anstelle von wiederholten und unnötigen HIV-Tests oder der Stigmatisierung und Ausgrenzung dieser Klient*innengruppe.

Weg von den Labels „Aids-Phobie“ und „Aids-Hypochondrie“

In der Vergangenheit haben wir mit den Labels Aids-Phobie und AidsHypochondrie versucht, einen Personenkreis zu beschreiben, für den wir in der Beratung mit Information und „logischen Argumenten“ keine anhaltende Entlastung erreichen können. Diese Zuschreibungen können von den betroffenen Personen als stigmatisierend und abwertend erlebt werden, zudem darf die Diagnostik nur von entsprechend ausgebildeten Fachkräften, wie z. B. Ärzt*innen, erfolgen.

Menschen mit hoher Angst ohne relevantes HIV-Risiko

Gleichwohl gibt es die Diagnose natürlich weiterhin im ICD 10 und es ist auch für HIV/STI-Berater*innen wichtig zu erkennen, wenn eine ratsuchende Person bei Vorliegen eines nur sehr geringen HIV/STI-Risikos mit starken Ängsten und gesundheitsbezogenen Sorgen zu kämpfen hat. Unser Vorschlag ist, zukünftig im AidshilfeKontext einfach von Menschen mit hoher Angst ohne relevantem Risiko zu sprechen.

Bei diesen Personen muss das Beratungsvorgehen ein grundlegend anderes sein, da Menschen, die Angst haben, Informationen nur sehr eingeschränkt und oft verzerrt wahrnehmen können. Beraterinnen sollten sich mit dem Kontext der von den Klientinnen geschilderten Lebenssituation auseinandersetzen. Dazu kann die Erkundung der Angstgeschichte, schwieriger Gefühle (wie etwa Schuld- und Schamgefühle) im Zusammenhang mit Sexualität sowie von Erfahrungen sexueller Traumata gehören.