Medikamente

Mittlerweile gibt es über 25 Wirkstoffe gegen die Vermehrung von HIV, und neue befinden sich in der Entwicklung und Erprobung. Die Wirkstoffe setzen an unterschiedlichen Stellen des HIV-Vermehrungszyklus an. In der antiretroviralen Therapie (ART, auch hoch aktive ART = HAART genannt) werden mehrere dieser Substanzen kombiniert, um die Wirkung der Behandlung zu erhöhen und Resistenzen zu vermeiden (deshalb spricht man auch von Kombinationstherapien).

Weil bei einer erfolgreichen ART kaum noch Viren gebildet werden, wird das Voranschreiten der Erkrankung aufgehalten. Das Immunsystem kann sich erholen, das Auftreten von Symptomen oder Aids wird verhindert. Sind schon Symptome aufgetreten, können sich diese wieder zurückbilden.

Zwar kann die ART die Schäden, die HIV dem Immunsystem schon in den ersten Tagen und Wochen zufügt, nicht rückgängig machen, bei erfolgreicher Therapie bestehen aber gute Chancen auf eine normale Lebenserwartung bei guter Lebensqualität.

Da die Medikamente HIV nicht aus dem Körper entfernen können, müssen sie wahrscheinlich lebenslang genommen werden.

Wichtig ist, dass die Therapie sofort gut funktioniert: Je schneller die Virenmenge im Blut unter die Nachweisgrenze sinkt, desto wahrscheinlicher ist es, dass die eingesetzte Kombination anhaltend erfolgreich ist. Die Betreuung von HIV-Patient*innen sollte deshalb von Anfang an durch spezialisierte Schwerpunktpraxen oder Klinikambulanzen erfolgen.

Bei der Wahl der Medikamentenkombination werden verschiedene Gesichtspunkte berücksichtigt, zum Beispiel:

  • Liegen HIV-Stämme vor, die gegen eines oder mehrere HIV-Medikamente unempfindlich (resistent) sind? In Deutschland ist das derzeit bei etwa zehn Prozent der neu diagnostizierten HIV-Infektionen der Fall. Untersucht werden kann das mit einer Resistenzbestimmung.
  • Welche Einnahmeregelungen lassen sich am besten mit dem Tagesablauf vereinbaren? Manche Medikamente müssen mit Nahrung eingenommen werden, andere auf nüchternen Magen, die meisten einmal, andere zweimal am Tag, einige sogar nur alle paar Wochen.
  • Wie können Nebenwirkungen wie Durchfall oder Schwindelgefühl Beruf, Privatleben und Sexualität beeinflussen?
  • Bestehen andere Erkrankungen? Manche HIV-Medikamente „vertragen“ sich nicht mit anderen Mitteln oder müssen genau auf sie abgestimmt werden.

Nebenwirkungen

Zu Beginn einer ART treten häufig Nebenwirkungen wie Durchfall oder Übelkeit, Müdigkeit, Kopf- und Muskelschmerzen oder Hautausschläge auf, die aber meist nach einigen Wochen wieder verschwinden.

In seltenen Fällen kommt es zu problematischen unerwünschten Wirkungen wie schweren allergischen Reaktionen, einer akuten Leberentzündung oder Überempfindlichkeitsreaktionen, sodass die Medikamentenkombination geändert werden muss. Das ist auch deshalb wichtig, um die für die langfristige Wirksamkeit der Therapie erforderliche hohe „Therapietreue“ (Compliance oder Adhärenz; siehe unten) zu ermöglichen.

Langzeitnebenwirkungen betreffen vor allem die Nierenfunktion, den Stoffwechsel, die Nerven in Armen und Beinen sowie die Funktion der Leber.

Therapiestart

Die Leitlinien empfehlen heute, möglichst bald nach der Diagnose mit einer HIV-Therapie zu beginnen. Liegen allerdings bereits schwere aidsdefinierende Erkrankungen vor, behandelt man oftmals erst diese und beginnt dann etwas später mit der ART.

In jedem Fall sollte man sich ausführlich ärztlich beraten lassen. Adressen von Ärzt*innen, die sich auf HIV spezialisiert haben, bekommt man bei den örtlichen Aidshilfen oder unter www.dagnae.de/aerzte.

Therapietreue

Damit die antiretroviralen Substanzen permanent in ausreichender Konzentration im Blut vorhanden sind und sich keine Resistenzen entwickeln, müssen die HIV-Medikamente regelmäßig und unter Befolgung der Einnahmevorschriften eingenommen werden.

Zu beachten sind dabei auch Wechselwirkungen mit anderen Substanzen (z. B. Medikamente oder Drogen): Hierdurch kann die Konzentration der HIV-Medikamente oder der anderen Substanzen im Blut sinken oder steigen.