Fallbeispiel 1
Muss ich Ärzt*innen gegenüber die HIV-Infektion angeben?
Anastasija O. hat gerade einen neuen Job gefunden und ist in eine andere Stadt umgezogen. Nun sucht sie eine neue Praxis für Zahnmedizin – die Kontrolluntersuchung steht an, und außerdem möchte sie eine Zahnreinigung vornehmen lassen.
Anastasija entscheidet sich schließlich für eine Zahnärztin, die auf verschiedenen Portalen gut bewertet wird.
Beim Ausfüllen des Patient*innenbogens macht sie keine Aussage zu ihrer HIV-Infektion. Sie hat nämlich bereits mehrfach gehört, dass viele Ärzt*innen die Behandlung ablehnen, wenn sie von der HIV-Infektion eines neuen Patienten*einer neuen Patientin erfahren.
Ohne Probleme erhält sie die gewünschte Behandlung. Allerdings bleibt ihr eine Unsicherheit: Könnte sie deswegen rechtlich belangt werden?
Uns ist kein Fall bekannt, in dem ein*e Patient*in wegen Nichtoffenlegung der HIV-Infektion haftbar gemacht wurde.
Grundsätzlich besteht keine Pflicht, die HIV-Infektion offenzulegen. Es jedoch möglich, dass Ärzt*innen in der Nichtoffenlegung einen Bruch des Behandlungsvertrages (→ s. Wichtige Regelungen auf einen Blick) sehen, der auf Zusammenarbeit und Vertrauen basiert, und eine Weiterbehandlung ablehnen.
Patient*innen können sich aber in bestimmten Situationen darauf berufen, dass die HIV-Infektion zu Recht nicht angegeben wurde, da sie andernfalls keine sach- gerechte Behandlung bekommen hätten. Dies gilt insbesondere bei Zahnärzt*innen, die in ländlichen Gebieten teilweise flächendeckend die Behandlung von Personen mit HIV verweigern.
Hast du einen solchen Fall von Behandlungsablehnung erlebt (siehe das nächste Fallbeispiel), kannst du dich bei der (Zahn-)Ärztekammer oder der*dem Patientenbeauftragten beschweren und dir Unterstützung zum Beispiel bei einer Aidshilfe oder der Kontaktstelle HIV-bezogene Diskriminierung holen (→ s. Nützliche Adressen).