Das Szenario: Als Mensch mit HIV möchte ich verhindern, dass die HIV-Infektion außerhalb der HIV-Schwerpunktpraxis bekannt wird. Denn: Diskriminierung im Gesundheitswesen ist eine Realität und nach Studien sogar der Kontext, in dem Menschen mit HIV am häufigsten Diskriminierungserfahrungen machen.

Hierzu muss man zunächst überlegen, wo in der ePA überall die HIV-Infektion sichtbar werden könnte:

  • Offensichtlich sind alle Befunde, Ärzt*innenbriefe, Laborwerte aus der HIV-Schwerpunktpraxis selbst. Immer wieder wird eine HIV-Infektion aber auch in anderen Dokumenten erwähnt, z.B. im Entlassbrief aus dem Krankenhaus.
  • Eine HIV-Infektion geht außerdem auch aus der Medikationsübersicht hervor: diese speist sich automatisch aus den E-Rezepten und kann patient*innenseitig auf Ebene einzelner Einträge nicht bearbeitet werden.
  • Auch die Abrechnungsdaten der Krankenkassen, die automatisch in die ePA eingepflegt werden, enthalten Hinweise auf eine HIV-Infektion.

Lösungsansätze

Prinzipiell gibt es zwei Lösungsansätze für das Verbergen der HIV-Infektion: Entweder man steuert die Sichtbarkeit sehr genau und individuell oder man erlaubt einzelnen Ärzt*innen, die nichts von HIV wissen sollen, generell keinen Zugriff auf die ePA.

Genaue Steuerung

  1. Bei sexuell übertragbaren Infektionen sind Ärzt*innen verpflichtet, vor dem Hochladen von Dokumenten in die ePA auf die Widerspruchsrechte hinzuweisen. Als Patient*in könnte man also dem Einstellen aller Dokumente mit HIV-Bezug widersprechen, kann dann selbst aber auch nicht auf die Dokumente zugreifen.
  2. Befunde, Ärzt*innenbriefe und Laborwerte, die schon in der ePA sind, könnte man außerdem manuell verbergen oder sogar löschen. Das Problem: Niemand außer man selbst kann dann noch die Dokumente einsehen. Es ist nicht möglich, eine selektive Sichtbarkeitssteuerung auf Dokumentenebene einzurichten. Man müsste regelmäßig nachsehen, ob neue Dokumente eingestellt wurden.
  3. Bezogen auf die Abrechnungsdaten der Krankenkassen und die Medikationsübersicht ist die einfachste Lösung, beiden Teilbereichen der ePA generell zu widersprechen. Man kann dann als Patient*in selbst aber auch nicht mehr auf die Informationen zugreifen. Man kann den Zugriff auf Medikationsübersicht und Abrechnungsdaten auch nur einzelnen Institutionen / Ärzt*innen entziehen, muss aber bei neuen Ärzt*innen jedes Mal aktiv daran denken.

Genereller Widerspruch

Am wenigsten Arbeit hat man, wenn man bestimmten Ärzt*innen generell den Zugriff auf die ePA entzieht. Patient*innen müssen dafür vor dem Besuch neuer Ärzt*innen aktiv werden und den Widerspruch in der ePA-App oder gegenüber einer Ombudsstelle erklären, müssen dafür dann aber nicht mehr auf die verschiedenen Details und Einstellungen achten. Ärzt*innen, die keinen Zugriff auf die ePA haben, können allerdings selbst auch keine Dokumente einstellen. Ein Vorteil der ePA geht so verloren.