Sichtbarkeit von Dokumenten und Inhalten steuern

Wer was in der ePA sehen kann, können Patient*innen einerseits steuern, indem sie einzelnen oder allen Ärzt*innen den Zugriff auf die gesamte ePA oder zu Teilbereichen entziehen. Andererseits kann man auch verwalten, wer einzelne Dokumente und Inhalte sehen darf.

Wie kann man steuern, welche Dokumente in der ePA sind und wer sie sehen kann?

  • Hochladen: Es gibt eine Reihe von Dokumenten, die Ärzt*innen in die ePA einstellen müssen. Patient*innen können der Befüllung mit Dokumenten durch Ärzt*innen aber jederzeit widersprechen. Bei „sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen“ müssen Ärzt*innen jeweils explizit auf das Widerspruchsrecht hinweisen.
  • Sichtbarkeit: Standardmäßig sind Dokumente für alle Ärzt*innen sichtbar. Patient*innen haben aber die Möglichkeit, einzelne Dokumente zu verbergen. Sie sind dann nur für die Patient*innen selbst einsehbar. Ärzt*innen wissen dann auch nicht, dass es verborgene Dokumente in der ePA gibt.
  • Löschung: Patient*innen und Ärzt*innen können Dokumente aus der ePA jederzeit vollständig löschen.

Die vorgesehenen Einstellungsmöglichkeiten erlauben jedoch keine flexible und genaue Zuordnung. Verborgene Dokumente sind für alle verborgen, es ist also nicht ohne Weiteres möglich, ein Dokument in der ePA nur für Ärztin A freizugeben, nicht aber für Zahnarzt B.

Die Dokumente werden automatisiert in verschiedene Ordner einsortiert (z.B. Befunde und Behandlungsberichte, Ärzt*innenbriefe, eigene Dokumente). Es gibt die Möglichkeit der ordnerbasierten Sichtbarkeitssteuerung. Allerdings sind die Kategorien so allgemein gefasst, dass sie bei der Steuerung der Sichtbarkeit nur begrenzt helfen. Wenn Zahnärzt*innen z.B. keine Befunde sehen sollen, würden sie eben auch keinen Zugriff auf die eigenen zahnärztlichen Befunde mehr haben. Die Funktion hat in der jetzigen Form also keinen wirklich sinnvollen Anwendungsfall. Eine genauere ordnerbasierte Steuerung der Sichtbarkeit von der Vorversion der ePA wurde aufgegeben.

Was bewegt Patient*innen dazu, die Sichtbarkeit einzuschränken?

Es gibt viele individuelle und strukturelle Gründe, die Sichtbarkeit von Inhalten der ePA einschränken zu wollen:

  • Es gibt Diagnosen und Informationen, die innerhalb des Gesundheitswesens zu Diskriminierung führen können. Für Menschen mit HIV ist das Gesundheitswesen sogar der Ort, an dem sie am häufigsten Diskriminierung erfahren.
  • Manche medizinischen und psychologischen Diagnosen, zum Beispiel psychische Erkrankungen oder eine sexuell übertragbare Infektion, können schambesetzt sein.
  • Die eigene Geschlechtsidentität und Sexualität ist für viele Menschen eine sensible Information, die sie nur mit ausgewählten Menschen teilen möchten.
  • Darüber hinaus können Infos über bestimmte Krankheiten oder Verhaltensweisen dazu führen, dass Ärzt*innen mit einem anderen Blick auf Patient*innen schauen – zum Beispiel, wenn es um psychische Erkrankungen oder Substanzkonsum geht.

Die Liste mit Beispielen ist ausdrücklich nicht abschließend: Es gibt eine Vielzahl weiterer Diagnosen und Informationen, die Patient*innen gegenüber einzelnen oder allen Ärzt*innen verbergen möchten – seien es entzündliche Darmerkrankungen, Erektionsstörungen, Inkontinenz oder Informationen, die auf eine aktiv gelebte Sexualität hinweisen (z.B. Einnahme der PrEP, regelmäßige gynäkologische Untersuchungen).

Selbstbestimmung darf sich nicht auf ausgewählte sensible Diagnosen beschränken – sie ist ein Recht, das alle Patient*innen nach ihrer eigenen Wahrnehmung ausüben sollten. Das Vorgehen bei der Steuerung der Sichtbarkeit ist – unabhängig davon, worum es im Einzelnen geht – sehr ähnlich, wodurch die folgende Beispiele auch dann eine Orientierung geben, wenn die eigene zu verbergende Information oder Diagnose nicht einzeln aufgeführt sind.

Ich habe in den letzten 12 Monaten im Gesundheitswesen mindestens eine negative Erfahrung aufgrund des HIV-Status gemacht.“

6 von 10 Menschen mit HIV in der Studie positive stimmen 2.0 zum Leben mit HIV in Deutschland

Kann man überall die Sichtbarkeit steuern?

Nicht überall kann die Sichtbarkeit der Inhalte gesteuert werden. Die Medikationsübersicht, die sich automatisch aus den Daten der E-Rezepte generiert, ist so ein Beispiel.

Patient*innen können der Einrichtung der Medikationsübersicht nur im Ganzen widersprechen oder einzelnen Ärzt*innen den Zugriff auf die Medikationsübersicht entziehen.

Es ist aber nicht möglich, einzelne Einträge aus der Medikationsübersicht zu entfernen oder verbergen. Dies wird insbesondere dann relevant, wenn man sensible Informationen und Diagnosen gegenüber einzelnen oder allen Ärzt*innen verbergen möchte. Diese gehen oftmals direkt oder mittelbar aus Medikamenteneinnahmen hervor.

Das gleiche gilt auch für die Abrechnungsdaten der Krankenkassen, die ebenfalls in der ePA eingestellt werden und im Standard für Ärzt*innen sichtbar sind.

Was heißt das in der Praxis?

In der Praxis ist eine Zugriffssteuerung über alle Teilbereiche der ePA hinweg also möglich, aber kompliziert, besonders dann, wenn viele Infos in der ePA enthalten sind und regelmäßige Besuche bei unterschiedlichen Ärzt*innen zum Alltag der Patient*innen gehören.

Wenn man bestimmte medizinische Informationen verbergen möchte, gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Man kann neuen Ärzt*innen vorab den Zugriff auf die ePA ganz entziehen.
  2. Mit etwas mehr Aufwand kann man die Sichtbarkeit auch so genau einstellen, dass es keine einsehbaren Dokumente in der ePA gibt, die die Information enthalten. Darüber hinaus muss man der Medikationsübersicht und den Abrechnungsdaten der Krankenkasse entweder generell widersprechen oder den Ärzt*innen individuell den Zugriff darauf entziehen.

Folgende Anwendungsbeispiele zeigen, wie man als Patient*in den Zugriff sensibler Informationen steuern kann: