Sprache, Macht und Diskriminierung
Studien belegen, dass durch Framing nicht nur Meinungen, sondernauch Entscheidungen beeinflusst werden können. In einer Studie zur Beeinflussbarkeit von Entscheidungen wurden Patient*innen gefragt, ob sie einen Eingriff unter bestimmten Umständen vornehmen lassen würden. In der ersten Gruppe, der eine 10-prozentige Wahrscheinlichkeit zu sterben genannt wurde, lauteten alle Antworten NEIN. Bei der Testgruppe, der eine 90-prozentige Überlebenschance versichert wurde, sagten hingegen alle JA.1
Geschlechterstereotype beispielsweise beeinflussen nicht nur das Selbstwertgefühl, sondern auch die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten.
Im Jahr 2015 untersuchten Wissenschaftler*innen die Auswirkung von Geschlecht in der Sprache auf die Wahrnehmung von Kindern. 591 Grundschulkindern aus Belgien und Deutschland (9–12 Jahre) wurden Berufsbezeichnungen vorgelesen. Der einen Gruppe in der rein männlichen Form, der anderen in der männlichen und weiblichen Form. Danach sollten die Kinder den sozialen Status des Berufes, die Bezahlung und die Schwierigkeit des Berufes auf einem Fragebogen einschätzen. Zusätzlich wurden sie gefragt, ob sie sich selbst zutrauen würden, diesen Beruf zu erlernen.
Bleibt nicht stehen im: Hab’s versucht, aber weiß nicht, wie man es besser machen kann!
Dominik (er/ihm), Mitarbeiterin der Deutschen Aidshilfe
In dieser Studie konnte nachgewiesen werden, dass eine rein männliche Formulierung den Beruf sozial angesehener, schwieriger und besser bezahlt erscheinen lässt. Außerdem trauten sich weniger Kinder zu, einen Beruf zu erlernen, wenn er ihnen in der rein männlichen Form vorgestellt wurde. Sprache hat also auch Einfluss auf die Einschätzung von Chancen und Karrieren.2
1 Wehling, Elisabeth: Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht. Köln 2016. S. 46
2 Vervecken, D. / Hannover, B.: Yes I can! Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job difficulty, and vocational self-efficacy. In: Social Psychology 46, 2015, 76-92.