Wie bei allen Kategorien der Identität ist „Herkunft“ und die jeweilige Empfindung dazu äußerst verschieden. Dies berücksichtigend steht auch hier folgender Grundsatz an erster Stelle: Für eine respektvolle, anerkennende Kommunikation ist wichtig, das Selbstverständnis und die Selbstbezeichnung von Menschen zu achten. Dies gilt auch im Umgang mit von Rassismus betroffenen Menschen. Einigen ist es wichtig, dass anerkannt wird, dass sie „von hier“ sind – in Deutschland geboren, aufgewachsen und sozialisiert. Andere sprechen von sich als „Menschen mit Migrationshintergrund“ o. Ä. und machen in der Selbstbezeichnung ihren migrantischen Kontext sichtbar. In Bezug auf Identität, Migrationsgeschichte und Migrations-/ Fluchterfahrungen kommt unserer Sprache und den durch sie vermittelten Normen große Bedeutung zu. Im Folgenden werden Begriffe kritisch reflektiert und Alternativen aufgezeigt.

Tipps

  • sensible Daten und persönliche Geschichten vertraulich behandeln
  • Relativierung von Erfahrungen und Empfindungen vermeiden
  • Selbstvertretung statt Fremdvertretung: Erfahrungen wie Rassismus sollten von denjenigen dargestellt werden, die sie gemacht haben
  • Othering vermeiden

Othering

Othering beschreibt einen Mechanismus der Abgrenzung. Die eigene Gruppe wird dabei als Norm gesetzt, während „die Anderen“ aufgrund bestimmter Merkmale – oft sind das zugeschriebene Klischees und Vorurteile – als „fremd“ markiert werden. Diese Einteilung von Menschen in „wir“ und „die Anderen“ führt zur Entstehung von Feindbildern und Diskriminierung.

Begriffe

Migrant*innen; Menschen mit Migrationshintergrund: Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Begriffe die „Migrant*innen“ oder „Menschen mit Migrationshintergrund“ einen negativen Subtext transportieren können: Der Fokus auf die Migration konstruiert eine „Andersheit“ der benannten Personen und stellt sie in einen Gegensatz zu weißen Deutschen. Dadurch werden Menschen aufgrund eines Merkmals als Gruppe skizziert und sind so negativ von Rassismus betroffen. Das Kategorisieren von migrantischen Menschen als „Andere“ bildet die Grundlage rassistischer Diskriminierung und muss aus unserem Sprechen und Handeln entwurzelt werden. Wenn es notwendig ist, Rassismuserfahrung, Erfahrungen mit Flucht und Migration oder kulturelle Hintergründe (Religion, Kunst und Kultur) zu besprechen, dann sollte das mit großem Feingefühl getan werden.

„Flüchtling“, geflüchtete Menschen: Eine wesentliche Besonderheit stellt die Bezeichnung von Menschen mit Fluchterfahrung bzw. geflüchteten Menschen dar. In der Umgangssprache, aber auch in den Medien, wird oft der Terminus „Flüchtling“ verwendet. Die Nachsilbe „-ling“ verpasst einer Eigenschaft oder Fähigkeit einen negativen oder verniedlichenden bzw. abwertenden Anstrich.Wir reduzieren dadurch die bezeichnete Person auf ein einziges Merkmal, welches durch den gesellschaftspolitischen Kontext auch noch als negativ dargestellt wird. Sofern die Situation überhaupt eine Thematisierung der Flucht erfordert, empfiehlt es sich stattdessen, von geflüchteten Menschen bzw. Geflüchteten zu sprechen, weil so deutlich wird, dass die Flucht ein abgeschlossener Teil der Lebenserfahrung dieser Personen ist.

Schwarze Menschen: „Wenn es um Rassismus, unterschiedliche Erfahrungen und Sozialisationen geht, ist der korrekte Begriff Schwarze Menschen. In allen anderen Fällen gibt es aber meistens gar keinen Grund, dazu zu sagen, ob eine Person Schwarz oder Weiß ist.“.Farbige/farbig ist ein kolonialistischer Begriff und negativ konnotiert. Alternativen sind dieSelbstbezeichnungen People of Color (PoC, Singular: Person of Color), Black and People of Color (BPoC) oder Black, Indigenous and People of Color (BIPoC).3

People of Color (PoC): „ist eine Selbstbezeichnung von Menschen mit Rassismuserfahrung, die nicht als weiß, deutsch und westlich wahrgenommen werden und sich auch selbst nicht so definieren. People of Color sind nicht unbedingt Teil der afrikanischen Diaspora, ursprünglich ist der Begriff u. a. zur Solidarisierung mit Schwarzen Menschen entstanden. Schwarz und weiß sind dabei politische Begriffe. Es geht nicht um Hautfarben bzw. vermeintlich biologische Merkmale, sondern um die Benennung von Rassismus und der Machtverhältnisse in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft. Inzwischen wird häufiger von BPoC (Black and People of Color) gesprochen, um Schwarze Menschen ausdrücklich einzuschließen. Etwas seltener kommt hierzulande die Erweiterung BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) vor, die explizit auch indigene Menschen mit einbezieht. Singular: Person of Color.“4

Um sich detaillierter mit Begrifflichkeiten aus dem Spektrum Deutsch-Sein, Anders-Sein, Migration und Flucht auseinanderzusetzen, ist das Glossar der Neuen deutschen Medienmacher sehr zu empfehlen: glossar.neuemedienmacher.de/

Ich bezeichne mich als BPoC oder Afrodeutscher. Mein Umfeld spiegelt mir in vielen Situationen, dass ich ja gar kein Deutscher sein kann.

Dominik (er/ihm), Mitarbeiter der Deutschen Aidshilfe

Mit dem Ersetzen rassistischer Begriffe verschwinden allerdings keineswegs automatisch die Weltbilder, die diese Begriffe produziert haben bzw. produzieren. Wichtig ist, dass parallel zum Vermeiden und Ersetzen von Begrifflichkeiten eine intensivere Auseinandersetzung mit den zugrundeliegenden Verhältnissen, Diskriminierungen und Ideologien stattfindet.

Die Zusammenarbeit mit PoC- und migrantischen Selbstorganisationen im näheren Umfeld ist sinnvoll, um Unterstützung für nicht diskriminierende Formulierungen zu finden und dem Thema Antirassismus dauerhaft Aufmerksamkeit zu schenken.

1 Beispiele: Schönling, Feigling, Schreiberling, vgl. geb.uni-giessen.de

2 zitiert von derbraunemob.info