Was tun gegen Diskriminierung?
Wenn du im Gesundheitswesen eine Situation erlebst, in der du diskriminiert wirst, und dich dagegen wehren möchtest, kannst du folgende Schritte gehen:
Zur Vorbereitung auf weitere Schritte ist es hilfreich, wenn du nach dem Vorfall ein Gedächtnisprotokoll anlegst. Das dient dir als Stütze, wenn du selbst eine Beschwerde verfassen möchtest, anwaltliche Begleitung suchst oder die Unterstützung einer Aidshilfe oder Antidiskriminierungsberatungsstelle nutzen willst.
Wenn du Unterstützung nach einer erlebten Diskriminierung wegen deiner HIV-Infektion möchtest, können dich zum Beispiel die Aidshilfen beraten und begleiten.
Außerdem kannst du dich auch an die Kontaktstelle HIV- bezogene Diskriminierung der Deutschen Aidshilfe wenden (→ Nützliche Adressen).
Antidiskriminierungsberatung der Aidshilfen
- ist kostenlos
- ist parteilich und orientiert sich an deinen Wünschen und Möglichkeiten
- möchte dich empowern, dich gegen Diskriminierungen zur Wehr zu setzen
- bestärkt dich, deiner eigenen Wahrnehmung zu trauen
- informiert über Wege, wie Diskriminierung gekontert werden kann
- entlastet dich vom Druck, allein gegen die diskriminierende Stelle vorgehen zu müssen
- stimmt alle Schritte, z. B. Beschwerden oder das Hinzuziehen weiterer Stellen, mit dir ab.
Im Beratungsgespräch kannst du klären,
- was du erreichen möchtest
- welche Handlungsoptionen, die die Aidshilfe anbieten kann, Erfolg versprechen
- was aus den möglichen Schritten für dich folgt.
Neben den Aidshilfen bieten auch andere Antidiskriminierungsstellen Beratung und Unterstützung an. Informationen zu einer Beratungsstelle in deiner Nähe findest du auf der Seite der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS), Kurzlink https://t1p.de/8z3fh.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet unter www.antidiskrimininierungsstelle.de Beratung und Unterstützung an.
Beratungsstellen der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland findest du im Internet unter www.patientenberatung.de .
Unabhängige Beratung, beispielsweise bei Behandlungsfehlern oder Problemen mit den Krankenkassen, sowie Informationen zu Patient*innenrechten kannst du auch bei den Verbraucherzentralen einholen, allerdings ist das nicht immer kostenlos.
Patient*innenbeauftragte der Landesregierungen (die es bisher leider nur in wenigen Bundesländern gibt) vermitteln Beschwerde führenden Personen ebenfalls Beratungs- und Unterstützungsangebote. Sie haben außerdem die Aufgabe, Beschwerden zu bündeln und Probleme im Versorgungssystem sichtbar zu machen.
Je nachdem, welches deiner Rechte und welche Vorschriften verletzt wurden, kannst du dich bei unterschiedlichen Stellen beschweren. Lass dich am besten beraten, welche Stelle die geeignete ist – die Aidshilfen stehen dir dafür als kompetente Beratungsstellen zur Verfügung.
Bei Verdacht auf einen Verstoß gegen die ärztlichen Berufspflichten kann man sich bei der Ärzte- oder Zahnärztekammer seines Bundeslandes beschweren.
Die Kammer überprüft, ob sich aus dem Sachverhalt ein Verstoß gegen die Berufspflichten ergibt. Sie leitet das Beschwerdeschreiben dazu an die*den Beschuldigte*n weiter und bittet um eine Stellungnahme.
Stellt sich ein Verstoß gegen das Berufsrecht heraus, prüft die Ärztekammer, ob eine berufsrechtliche Maßnahme erforderlich ist.
Bei weniger schweren Verstößen kann die Ärztekammer ihre Missbilligung aussprechen.
Bei schwerwiegenden Verstößen ist es möglich, ein berufsgerichtliches Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einzuleiten. Dieses kann Warnungen und Verweise erteilen, Geldbußen bis zu 50.000 Euro verhängen oder als schwerste Sanktion die Berufsunwürdigkeit feststellen.
Der Wermutstropfen: Ärzte- und Zahnärztekammern geben oft nur wenig Informationen über den Fortgang der Sache, was sie mit dem Recht auf Datenschutz begründen. Eine solche „interne Prüfung“ ist für dich als Beschwerdeführer*in vielleicht unbefriedigend, weil du nicht erfährst, was „hinter den Kulissen“ passiert, und höchstens über den Abschluss des Verfahrens informiert wirst.
Trotzdem sind Beschwerden sinnvoll, weil sie verdeutlichen, dass unangemessenes ärztliches Verhalten gegenüber Patient*innen mit HIV eine Diskriminierung darstellt, die du dir nicht gefallen lässt. Bei Beschwerden sollen die Kammern dafür sorgen, dass sich das Verhalten vor Ort ändert, indem z. B. auf übertriebene Hygienemaßnahmen verzichtet, die Terminvergabe verändert und der Datenschutz eingehalten wird. Außerdem werden bei Beschwerden die Beschuldigten aufgefordert, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen, wodurch ihnen ihr diskriminierendes Verhalten bewusst gemacht wird. Und nicht zuletzt werden die Kammern so darüber informiert, dass die Versorgung von Menschen mit HIV unzureichend ist und dass immer noch großer Bedarf an Fortbildungen zum Thema „Umgang mit HIV-positiven Patient*innen“ besteht.
Bei der Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung des jeweiligen Bundeslandes kannst du dich schriftlich über niedergelassene Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen oder Zahnärzt*innen beschweren, wenn dir eine Behandlung verweigert wird.
Beschwerden werden an die Beschuldigten weitergereicht, die schriftlich Stellung nehmen müssen. Die Vereinigung entscheidet dann, ob die vertragliche Pflicht verletzt wurde, und teilt das Ergebnis der Beschwerde führenden Person mit.
Die Krankenkassen sind verpflichtet, ihre Versicherten bei Beschwerden zu beraten und bei der Anzeige von Behandlungsfehlern zu unterstützen.
Eine Beschwerde bei der Krankenkasse ist zum Beispiel sinnvoll bei Behandlungsverweigerung, Verweigerung der HIV-Therapie bei stationären Aufenthalten im Krankenhaus oder bei Diskriminierung in Rehabilitationseinrichtungen, die von der Krankenkasse finanziert werden, z. B. bei Anschlussheilbehandlungen.
Bei Diskriminierung in Rehabilitationseinrichtungen, die von der Deutschen Rentenversicherung finanziert werden, ist die Rentenversicherung als Kostenträgerin die Ansprechpartnerin.
In Krankenhäusern gibt es Datenschutzbeauftragte, an die Beschwerden wegen Verletzungen des Datenschutzes gerichtet werden können.
Geht es um einen Datenschutzverstoß im öffentlichen Bereich, z. B. bei städtischen Krankenhäusern, sind diese Stellen verpflichtet, die*den Datenschutzbeauftragte*n des jeweiligen Bundeslandes zu unterstützen und Amtshilfe zu leisten. Das heißt, sie müssen Zutritt zu allen Diensträumen gewähren und Kopien von Unterlagen zur Verfügung stellen. Wird ein Datenschutzverstoß festgestellt, berücksichtigen die Behörden in den meisten Fällen die Stellungnahme und Empfehlungen des*der Datenschutzbeauftragten. Andernfalls kann der Sachverhalt im Wege einer Beanstandung dem Aufsicht führenden Ministerium zur Kenntnis gegeben werden.
Geht es um einen Datenschutzverstoß im nichtöffentlichen Bereich, z. B. in einer Privatklinik, ist diese verpflichtet, dem*der Datenschutzbeauftragten die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Liegt ein Datenschutzverstoß vor, gibt die*der Datenschutzbeauftragte eine Stellungnahme ab oder spricht eine Empfehlung aus. Bei gravierenden Datenschutzverstößen können weitere Maßnahmen getroffen werden.
Ein Beschwerdeschreiben muss den Namen und die Anschrift der Beschwerde führenden Person sowie der Person enthalten, gegen die sich die Beschwerde richtet.
Wichtig ist, den Sachverhalt so genau wie möglich darzustellen. Dazu gehören vor allem genaue Angaben über Ort, Zeit und beteiligte Personen. Die Beschwerde wird anschließend unterschrieben und als Brief eingereicht.
Bei Beschwerden an die Ärztekammer muss eine Schweigepflichtentbindung mit eingereicht werden. Schau auf der Homepage der zuständigen Lande-Ärzte- oder Landes-Zahnärztekammer nach, ob es dort ein Beschwerdeformular und eine Erklärung zur Schweigepflichtentbindung gibt (wie z. B. bei der Ärztekammer Nordrhein).
Du solltest den Brief mit einer Frist zur Beantwortung versehen. Willst du dich nicht direkt an die Ärztekammer wenden, ist es sinnvoll, deine Beschwerde z. B. an die medizinische Leitung einer Klinik zu richten und nicht an den diskriminierenden Arzt*die diskriminierende Ärztin.