Gemischtes I

Diskriminierung, die die Polizei erlaubt

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Die Uni Marburg hindert einen HIV-positiven Mann an seinem Studium der Zahnmedizin, indem sie ihn von den praktischen Kursen ausschließt. Er stelle eine Gefahr für Kommiliton*innen und Patient*innen da. Fachlich ist das Unsinn, bestätigen Koryphäen. Doch der Rechtsstreit zieht sich seit 2020.

Zugleich entschied 2022 das Berliner Verwaltungsgericht: Die Berliner Feuerwehr hat einen HIV-positiven Bewerber diskriminiert, als sie ihn zurückwies. Dem Mann wurde ein Schmerzensgeld zugesprochen.

Ähnlich schon ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover im Jahr 2019: Die Ablehnung eines HIV-positiven Bewerbers für den Polizeidienst war unzulässig. Dennoch hält die Polizei in verschiedenen Bundesländern an ihrer diskriminierenden Haltung fest.

Beide Urteile bezogen sich zudem darauf, dass HIV unter Therapie nicht übertragbar ist. Dabei darf HIV ganz unabhängig von der „Viruslast“ kein Thema für Arbeitgebende sein. Denn im Arbeitsalltag besteht kein Übertragungsrisiko.

Wir fordern ein Verbot von HIV-Tests im Arbeitsleben !

Welt-Aids-Tag 2022

Anika hat Aids überlebt. In der Reha dann der Schlag in die Magengrube: Ein Schild mit der Aufschrift „HIV!“ auf ihrem Platz warnte vor ihr. Anika beschwerte sich bei der Klinikleitung – von da an lief die Reha komplikationsfrei.

Die 63-jährige Trans*Aktivistin aus Hanau ist eines von fünf Gesichtern der Kampagne „Leben mit HIV. Anders als denkst?“ zum Welt-Aids-Tag. Menschen mit HIV erzählen, wie sie sich gegen Diskriminierung gewehrt haben, und berichten aus ihrem Alltag. Die Kampagne soll dazu anregen, eigene Vorurteile auf den Prüfstand zu stellen. Denn noch immer berichten fast alle Menschen mit HIV von Diskriminierung und Berührungsängsten ihrer Mitmenschen.

„Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ ist die Gemeinschaftskampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Deutschen AIDS-Stiftung und der Deutschen Aidshilfe zum Welt-Aids-Tag.

Vielfältig wie nie

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Nach einer Coronapause fand 2022 in Duisburg wieder Europas größte Selbsthilfekonferenz zum Leben mit HIV statt. Motto: „Gemeinsam Unterschiede feiern. Sichtbar, streitbar, stark!“ So vielfältig waren die „Positiven Begegnungen“ tatsächlich nie zuvor: Geflüchtete aus der Ukraine stießen zur deutschen Selbsthilfe-Community, außerdem kamen viele Menschen mit afrikanischen Wurzeln.

Rund 400 Menschen tauschten sich aus und erarbeiten Strategien gegen Diskriminierung. Bei einer Demonstration brachte die ukrainische Teilnehmerin Kristina die Botschaft auf den Punkt:

„HIV ist kein Grund sich zu schämen, sondern es kann helfen herauszufinden, wie du auf dich selbst aufpassen und dich selbst lieben kannst. Wir sind HIV-positiv, HIV-negativ, mit welcher Hautfarbe auch immer, aus allen Ländern. Make love, not war. Keine Scham – nur Liebe.“

Kristina, Teilnehmerin der Positiven Begegnungen 2022
Foto: Johannes Berger / DAH
Foto: Johannes Berger / DAH

Über Sex kann man reden

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Ärzt*innen sind Schlüsselfiguren, wenn es um das frühe Erkennen und Behandeln von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen geht. Doch ist das Thema auch mit Unsicherheiten und Hemmungen verbunden: Wie spreche ich Patient*innen auf ihr Sexualleben an – und das möglichst unvoreingenommen?

Bei „Let’s talk about Sex“ lernen Mediziner*innen, Medizinstudierende und Praxisteams, wie’s geht: Das zertifizierte Kommunikationstraining der Deutschen Aidshilfe liefert wichtiges Basiswissen, zum Beispiel über Symptome und Testverfahren, und gibt Hilfestellungen für Gesprächsabläufe. Die Themen sexuelle Orientierung und geschlechtliche Vielfalt gehören ebenfalls zu den Inhalten; ein neues Schwerpunktseminar beschäftigt sich mit der sensiblen Begleitung von trans Menschen. Und seit Corona gibt’s die Workshops auch als Online Format.