USA: Nationale HIV-Positiven-Organisation bankrott

Schulden von über 750.000 US-$ – knapp 30 Jahre nach ihrer Gründung in Denver muss die US-Positivenorganisation NAPWA ihren Bankrott erklären. Die Gruppe habe bereits bei den Behörden die entsprechenden Erklärungen abgegeben und werde liquidiert, erklärte Tyler TerMeer, Leiter des Kuratoriums der NAPWA. Schon seit mehreren Monaten soll NAPWA sowohl Löhne und Gehälter als auch Mieten schuldig geblieben sein. Der bisherge NAPWA-Chef Frank Oldham war im November mit Wirkung zum Ende 2012 ausgeschieden.

Die NAPWA wurde im Sommer 1983 zur Umsetzung der Denver-Prinzipien gegründet. Sie gelten als erstes kraftvolles Statement einer Selbsthilfebewegung von Menschen mit HIV und Aids. Die NAPWA bezeichnete sich selbst als die größte Organisation von Menschen mit HIV in den USA.

In der Präambel der Denver-Prinzipien wurde 1983 formuliert:

"We condemn attempts to label us as ‘victims,’ a term which implies defeat, and we are only occasionally ‘patients,’ a term which implies passivity, helplessness, and dependence upon the care of others. We are ‘People With AIDS.’”
(“Wir verurteilen alle Versuche, uns als Opfer zu bezeichnen, ein Begriff, der Niederlage beinhaltet. Und wir sind nur gelegentlich Patienten, ein Begriff, der Passivität, Hilflosigkeit und Abhängigkeit von der Hilfe anderer beinhaltet. Wir sind ‘Menschen mit AIDS'."

Die NAPWA ist bei US-Aktivisten seit längerer Zeit in der Kritik. 1998 rief die Organisation den "National HIV Testing Day" (NHTD) ins Leben und konzentriert sich seitdem stark auf HIV-Tests.

Schon Anfang Dezember 2012 hatte der US-Aids-Aktivist Michael Petrelis spekuliert, ob die NAPWA “am Zusammenbrechen” sei. Petrelis bemerkte damals, die NAPWA sei de facto keine Community-basierte Organisation mehr. Er kritisierte deren enge Zusammenarbeit mit der US-Gesundheitsbehörde CDC sowie der Pharmaindustrie und ihre starke Fokussierung auf HIV-Tests.  Zudem drohten, so Petrelis, Ermittlungen gegen NAPWA wegen steuerlicher Probleme. Petrelis äußerte damals die Hoffnung, ein Zusammenbruch der NAPWA werde Raum eröffnen für eine wirklich von US-Positiven getragene nationale Positiven-Organisation.

Sean Strub, US-Aktivist und Gründer des Magazins ‘POZ’, hatte noch im Oktober angesichts der Ankündigung des Abgangs des bisherigen Chefs von der Chance für einen Neuanfang für die auch von ihm kritisierte Organisation gesprochen. Auch Strub bemerkte, NAPWA habe in den vergangenen Jahren die breite Unterstützung der Community gefehlt, die ein machtvoller Akteur in der nationalen Aids-Politik braucht. Die veränderten Realitäten erforderten auch eine Neu-Justierung bei den Positiven-Organisationen.

Ulli Würdemann