Mehr Migration, mehr HIV-Tests, unverändert hoher Anteil von Spätdiagnosen

In Deutschland sind 2013 knapp 3.300 Personen neu mit HIV diagnostiziert worden. Das sind ca. 300 Diagnosen und damit rund zehn Prozent mehr als 2012.

Das geht aus einem gestern veröffentlichten Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervor.

Der Anstieg könne verschiedene Gründe haben. Genannt werden eine verbesserte Datenqualität und verstärkte Recherchen des RKI, die Zunahme der Migration (auch HIV-positiver Menschen) nach Deutschland, die vermehrte Wahrnehmung von Testangeboten und auch eine tatsächliche Zunahme von HIV-Neuinfektionen. Die Veröffentlichung der Schätzungen der HIV-Infektionen 2013 erfolgt im Herbst. Erst dann können Aussagen über das aktuelle Infektionsgeschehen getroffen werden.

Weitgehend gleich blieb laut RKI die Zahl der Neudiagnosen bei Schwulen und anderen Männern, die Sex mit Männern haben, mit gut 50 Prozent die größte Gruppe der neu Diagnostizierten.

Auffällig gestiegen ist vor allem die Zahl der Fälle mit heterosexuellem Übertragungsweg – um 109 Diagnosen auf 593 Fälle im Jahr 2013. 71 Prozent dieser Diagnosen betreffen Personen aus dem Ausland, wovon wiederum zwei Drittel aus Subsahara-Afrika stammen. Dort hat sich laut RKI auch etwa die Hälfte aller neu diagnostizierten Heterosexuellen aus dem Ausland infiziert.

Zu beobachten ist diese Zunahme bisher allerdings nur bei Frauen – als Gründe vermutet das RKI unter anderem, dass Frauen aus Subsahara-Afrika häufiger getestet werden, weil ihnen bei Schwangerschaften ein Test angeboten wird.

„Unsere Arbeit ist erfolgreich“, sagt Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe. „Wir sorgen für mehr niedrigschwellige Testangebote, werben in den besonders bedrohten Gruppen für eine erhöhte Testbereitschaft und engagieren uns gegen Diskriminierung und Stigmatisierung, die von HIV-Tests abhalten.“

Allerdings bleibe noch viel zu tun, zum Beispiel bei der Umsetzung der Forderung nach universellem Zugang zu medizinischer Versorgung und leitliniengerechter Behandlung für alle Menschen mit HIV, die kürzlich vom Nationalen AIDS-Beirat unterstrichen wurde.

Auch beim Zugang von Drogengebrauchern zum Gesundheitssystem gibt es offenbar Lücken: Bei 60 Prozent der Aids-Diagnosen in dieser Gruppe war die HIV-Infektion laut RKI schon länger bekannt, das Stadium Aids hätte wahrscheinlich meistens vermieden werden können. Zudem sollten auch ältere, auf dem Land lebende Personen mit erhöhtem HIV-Risiko besser durch Testangebote erfasst werden.

Zur Interpretation der Daten weist das RKI darauf hin, dass die Zahl der 2013 gestellten HIV-Neudiagnosen nicht mit der Zahl der 2013 erfolgten HIV-Infektionen gleichgesetzt werden dürfe, da Infektion und Diagnosezeitpunkt zeitlich weit auseinander liegen könnten. Außerdem liege zu jeder fünften Neudiagnose keine Angabe zum Übertragungsweg vor.

(hs)

Quelle/weitere Informationen

HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen in Deutschland. Bericht zur Entwicklung im Jahr 2013 aus dem Robert Koch-Institut (Epidemiologisches Bulletin Nr. 26 vom 30.06.2014; PDF-Datei)

Nationaler AIDS-Beirat: Zugang zu medizinischer Versorgung für alle (Meldung auf aidshilfe.de vom 10.06.2014)

HIV-Tests: Viele versäumte Chancen (Beitrag im DAH-Blog vom 22.11.2013)