Deutsche AIDS-Hilfe zu HIV-Infektionszahlen: Prävention intensivieren!

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat heute die geschätzten HIV-Neuinfektionszahlen für das Jahr 2012 und korrigierte Schätzungen für die letzten Jahre veröffentlicht.

Zugrunde liegt eine Weiterentwicklung des Berechnungsverfahrens. Nach den neuen Schätzungen ist das Infektionsgeschehen in Deutschland seit 2004 weitgehend stabil, mit leichten Auf- und Abwärtsbewegungen. Im Jahr 2012 infizierten sich nach den Schätzungen des RKI rund 3.400 Menschen neu mit HIV, etwas mehr als 2011.

Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:

„Die stabile Lage bei den HIV-Neuinfektionen in Deutschland ist ein Erfolg der Prävention. Damit steht Deutschland im internationalen Vergleich hervorragend da. Der leichte Anstieg bei den Neuinfektionen seit 2011 fordert eine Intensivierung der Prävention, gerade bei schwulen Männern und anderen Männern, die Sex mit Männern haben. Kürzungen sind vor diesem Hintergrund fatal. Dies gilt vor allem im Osten Deutschlands, wo sich die Infektionsrate der westdeutschen immer mehr angleicht, Prävention aber oft besonders schlecht finanziert ist.“

Nach Interpretation des RKI betrifft der leichte Anstieg der Neuinfektionen vor allem schwule Männer. Als Hauptgrund sieht das RKI eine Syphilis-Welle. Die Syphilis und andere sexuell übertragbare Infektionen erhöhen die Übertragungswahrscheinlichkeit von HIV erheblich, auch wenn sich am Schutzverhalten nichts oder wenig ändert.

Erforderlich ist daher aus Sicht der Deutschen AIDS-Hilfe wie auch des RKI eine frühe Erkennung sexuell übertragbarer Infektionen. Nach der EMIS-Studie aus dem Jahr 2010 finden diagnostische Maßnahmen in Deutschland viel zu selten statt und werden oft nicht fachgerecht durchgeführt.

Dazu Carsten Schatz: „Regelmäßige Checks auf sexuell übertragbare Infektionen sind ein wichtiger Baustein der HIV-Prävention bei schwulen Männern, werden aber bei Patienten ohne Krankheitsanzeichen bisher nicht von den Krankenkassen übernommen. Das muss sich ändern! Wir brauchen außerdem eine Sensibilisierung von Ärztinnen und Ärzte für das Thema und mehr Testangebote in den Szenen selbst, zum Beispiel in Aidshilfen oder an Treffpunkten schwuler Männer. Die Deutsche AIDS-Hilfe und ihre Mitgliedsorganisationen machen bereits seit Jahren entsprechende Angebote, die in Zukunft ausgebaut werden. Dafür braucht es eine verlässliche Finanzierung in Städten und Gemeinden.“

Notwendig ist darüber hinaus eine weitere Enttabuisierung von Sexualität und sexuell übertragbaren Infektionen. Darüber reden zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für Schutz und Diagnostik.

Schatz weiter:  „Es ist fatal, HIV-Prävention auf biologische Zusammenhänge zu reduzieren. Diskriminierung von Menschen mit HIV und von schwulen Männern führt zu Angst und Tabus. Um Infektionszahlen zu senken, benötigen wir ein Klima der Offenheit, in dem es möglich ist, frei über Sexualität, HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten zu sprechen. Dafür trägt auch die Politik Verantwortung, die einer vollständigen rechtlichen Gleichstellung von Lesben und Schwulen noch immer im Wege steht.“

Weitere Informationen:

Holger Wicht, Pressesprecher, Tel. 030 69 00 87 16, holger.wicht@dah.aidshilfe.de

Informationen des Robert Koch-Instituts